Kategorie: Allgemein

Neu trotz alt: Wilhelm Mader Jubi-Ausgabe

Zum 150. Geburtstag des “schwäbischen Karl May” erschien kürzlich bei synergen der komplette Roman “Die Reise nach Polstadt in Atlantis” – ein Abenteuerroman von 1899!

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SF-Kurzfilm: “Phoenix”

Es scheint sich in Deutschland zu etablieren, aufwändige CGI-Produktionen zu produzieren – und das bei immer weniger finanziellem Aufwand. Das freut uns, euch und natürlich Youtube. Jedenfalls wünscht dsf den Machern weiterhin gutes Gelingen und wer weiß, vielleicht klopft sogar mal jemand aus Hollywood oder Babelsberg an …

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Der neue Brandhorst: “Omni”

Andreas Brandhorst, der mit seinem Roman “Das Schiff” sowohl KLP als auch DSFP abgeräumt hat, legt nach. Mit “Omni” erschien kürzlich ein weiterer SF-Roman, ebenfalls bei Piper. So wird Brandhorst wohl auch beim diesjährigen KLP wieder omnipräsent sein. Wir hoffen außerdem, dass das seltsame Artefakt in seinem neuesten Abenteuer keinen Omnizid auslöst 😉

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DDR-Superheld tot?

So manch einer fragt sich: wie sieht es eigentlich mit SF-Comics aus deutschen Landen aus? Die Antwort haben wir z. B. bei Cross Cult gefunden: hier erscheint in wenigen Tagen das neue “Upgrade”-Comic von Ulf S. Graupner und Sascha Wüstefeld, beide aus dem schönen Osten Deutschlands.

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Rezension: “Unsterblich” von Jens Lubbadeh

Unsterblich von Jens Lubbadeh

Ein SF-Roman über digitales Leben nach dem Tod – und das in einem Großverlag, mit Marlene Dietrich auf dem Cover. Sagen wir mal so: Heyne hat schon Bücher rausgebracht, die weniger neugierig gemacht haben.

Benjamin Kari geht dem Verschwinden des “Ewigen” von Marlene Dietrich nach. Die “Ewigen” sind die holografischen Abbilder Verstorbener. Die ganze Technik dahinter stammt von einem Monopolisten namens “Infinity”. Es gibt “Ewige” von Berühmtheiten, aber auch von der Oma, der tragisch verstorbenen Ehefrau oder (posthum) von einem selbst. Dazu zeichnet Infinity mit “Lebenstrackern” alles auf, was ein Mensch erlebt, um später damit die Simulation zu programmieren, die als ewiges holografisches Abbild durch die Gegend läuft – allerdings leicht modifiziert. Ich will hier nicht zu viel vorweg nehmen, aber eines sei gesagt: Man darf hier keine akkurate, realistische Darstellung einer möglichen digitalen Zukunft erwarten. Zwar gibt es auch in der Realität Bestrebungen, mehr als nur die Erinnerung an Verstorbene digital aufzubewahren, aber was Lubbadeh in seinem Roman erfindet, ist eine ganz andere Nummer. Er muss dafür einen Riesenaufwand an Technik postulieren: Billionen Nanodrohnen, Chips im Kopf um die Hologramme “einzublenden”, Lebenstracker im Handgelenk, und so weiter. Woher die nötige Energie kommt, wie die immensen Datenmengen übertragen und verarbeitet werden – geschenkt. Spätestens gegen Ende wird klar, dass die Daten sogar sehr leicht zu beschädigen sind. Der Rezensent, selbst IT-Berater, kann da nicht aus seiner Haut: Er sieht sich die ganze Zeit in einem Meetingraum bei Infinity verzweifelt erklären, dass es zwar echt cool ist, Rechenzentren an pittoresken Orten aufzustellen, dass echte IT-Sicherheit aber doch ein bisschen anders funktioniert.

Sehr überzeugend beschreibt der Autor hingegen, wie die Ewigen von Berühmtheiten im täglichen Leben wichtige Positionen einnehmen: Man glaubt sofort, dass die Wähler einen Ewigen von Helmut Schmidt jedem zeitgenössischen Politiker vorziehen würden. Die Masse schaut ja auch lieber den x-ten Aufguss von Enterprise und Spiderman – oder eben den neuen Film mit Marlene Dietrich. Hier nutzt Lubbadeh die Gelegenheit für popkulturelle Anleihen, die SF-Leser immer gerne goutieren.

Nach und nach entwickelt der Roman eine spannende Thrillerhandlung. Er bleibt fast die ganze Zeit in der Perspektive des Ben Kari, der Kapitel für Kapitel tiefer in eine Verschwörung hineingezogen wird und schließlich zum Gejagten wird. Dabei kommen natürlich diverse Schusswaffen zum Einsatz, und die Projektile treffen durchaus auch mal.  Es fließt eine Menge Blut – bis man sich am Schluss fragen muss, ob die dem Tode nahe und schon leicht verwirrte Hauptfigur mit seiner letzten Handlung nicht eine globale Katastrophe auslöst…

Auch wenn hier zweifellos ein ideenreicher und spannender Roman vorliegt: Eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Thema “digitaler Tod” bleibt der Autor schuldig. Die “Ewigen”, um die es eigentlich zu gehen scheinen, treten so gut wie nie selbst auf. Am Schluss gibt es noch eine dermaßen phantastische Wendung, dass einem das “Hä!?” glatt im Halse stecken bleibt. Hier nähert sich der Roman fast schon gefährlich dem Bloß-nichts-hinterfragen-Niveau typischer amerikanischer Blockbuster. Es bleibt aber unter dem Strich eine spannende, flott erzählte Geschichte mit vielen interessanten Einfällen. Das ergibt eine 3-Sterne-Wertung – den vierten Stern erhält hier der Großverlag für den Mut, einem SF-Roman eines recht unbekannten, ideenreichen, deutschen Autors eine Chance zu geben, der noch dazu nicht im fernen Weltraum spielt. Wollen wir hoffen, dass die Verkaufzahlen diesen Mut belohnen – eine Leseempfehlung sprechen wir allemal aus.

Aktuell gibt es im SF-Netzwerk eine Leserunde zum Roman (Link folgt, da das SFN derzeit nicht verfügbar ist).

Das Buch selbst gibt es im Buchladen eures Vertrauens.

Unterhaltung: 

Anspruch: 

Originalität: 

Interview mit Anja Kümmel

Anja, du hast bis dato ein sehr bewegtes Leben. Erzähl uns doch zuerst von deinem Studium in Los Angeles, Madrid und Hamburg. Welche Stadt war am schönsten für dich? Und was sind die Aufgaben einer Gender-Expertin?

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Interview: Gabriele Nolte

gabriele nolteZu Gabriele Noltes erfolgreichem, bei Amazon erschienenen Roman Blumen vom Mars haben wir vor kurzem eine Besprechung gepostet. Eine erfolgreiche Selbstverlegerin in der deutschen SF, die ansonsten in der Szene unbekannt ist – Grund genug für ein Interview hier bei dsf.

dsf: Hallo Gabriele, ich freue mich, dass du dich zu einem Interview bereit erklärt hast. Sagst du uns in ein zwei Sätzen kurz etwas zu deiner Vita?

Ich komme aus Bielefeld, der Stadt, die gar nicht existiert, wenn man den Verschwörungstheoretikern glaubt. Wahrscheinlich prädestiniert einen das für das Schreiben über mögliche Varianten unserer Zukunft. Danach ging es erst einmal realistischer weiter: Schule und Studium in Deutschland und Amerika, viele Jahre Management in der Bau-, Immobilien-, und Hotelbranche, mittlerweile selbständig als Unternehmensberater.

dsf: Dann fangen wir mal mit deinem Roman „Blumen vom Mars“ an. Zuerst mal ein paar organisatorische Sachen. Wann ist er denn jetzt erschienen, 2015 oder 2016? Bei amazon steht 2016, es gibt aber eine Rezension aus 2015.

Ach ja, eigentlich wäre es korrekt zu sagen, daß er 2016 erschienen ist. Aber eine erste Version habe ich tatsächlich im Dezember 2015 bei Amazon hochgeladen – gewissermaßen als Weihnachtsgeschenk für mich selber.

dsf: In der SF-Szene gibt es viele hervorragende Cover-Künstler, die ihre Werke zum Teil auch unentgeltlich zur Verfügung stellen. Du scheinst das Cover selber gestaltet zu haben. Nimm es mir nicht übel, aber es scheint mir nicht sonderlich verkaufsfördernd zu sein. Wie kam es zu diesem Cover?

Dafür fällt es aber unter der Menge der sogenannten professionellen Cover auf, die meiner bescheidenen Ansicht nach inzwischen auch alle gleich aussehen. Ich wollte einfach nicht noch einen weiteren im All schwebenden Planeten mit oder ohne Rakete auf dem Cover sehen und nur von Männern gelesen werden. Da bin ich eben eigen. Und deshalb gibt es dieses sehr gewöhnungsbedürftige Cover mit in Stein gemeißelten Pflanzenresten. Hat aber wie gesagt den Vorteil, daß auch weibliche Leser darauf hereinfallen.

dsf: Mich erstaunte die Professionalität des Textes, das ist bei Selfpublishing die Ausnahme. Gab es hier einen Lektor?

Nein. Ganz platt gesagt: Ich finde, entweder man lernt im Laufe seines Lebens so zu schreiben, daß man seine Leser bei der Stange hält, oder man lernt es nicht. Und ich habe in der harten Schule der betrieblichen Aktennotiz gelernt, nach dem Prinzip: „Sie haben dreißig Sekunden, um meine Aufmerksamkeit zu erregen, und wenn Sie das geschafft haben, gebe ich Ihnen nochmal drei Minuten, um mich zu überzeugen. Ansonsten dürfen Sie unverrichteter Dinge hinter Ihren Schreibtisch zurückkriechen.“

dsf: Warum hast du überhaupt den Weg des Selfpublishing gewählt? Es gibt eine Vielzahl von Kleinverlagen, die sich um gute Titel geradezu reißen. Warum bist du nicht bei einem von denen gelandet?

Das ist der Lektorin eines großen deutschen Verlages zu verdanken, die zu meinem ersten SF-Roman „Alphacode“ bemerkte, daß ein Autist und ein Virus in einem Roman ja wohl ein bißchen zuviel sei. Danach habe ich die traditionelle Verlagswelt für mich abgeschrieben. Ich sehe auch nicht ein, weshalb ich Lebensläufe (am besten handgeschrieben), Zusammenfassungen (bitte ohne Cliffhanger!) und zehnseitige Leseproben mit der Schneckenpost an einen Verlag schicken und dann drei Monate auf Antwort warten soll, während ich ein komplettes Buch bei Amazon in einer halben Stunde mit allen Informationen hochgeladen habe, und ab dann täglich und sogar stündlich über die Verkäufe informiert werde. Außerdem kann man sich an der größten Leihbibliothek der Welt beteiligen, und bekommt die gelesenen Seiten seiner Bücher ebenfalls tagaktuell gemeldet (und bezahlt). Ganz abgesehen vom Honorar ist es einfach ein gutes Gefühl, morgens zu sehen, daß über Nacht wieder einmal fünftausend Seiten gelesen wurden. Für mich ist das die beste Therapie gegen Schreibblockaden.

Ich halte also nicht viel von traditionellen Verlagen, egal wie groß oder klein. Für mich sind sie alle angezählt. Es amüsiert mich nur immer, wenn der Hauptpreis bei einem deutschen Ebook-Wettbewerb ein Vertrag bei einem angestaubten Altverlag ist. Irgendwie widersinnig, aber eben auch zum Schreien komisch.

dsf: Verrätst du uns die Höhe der verkauften Auflage?

Einige tausend bis jetzt. Eine Auflage im klassischen Sinn, deren Restanten dann im Supermarkt verramscht werden, gibt es ja im E-publishing und bei Print on Demand nicht.

dsf: Wie viele Anschläge (mit Leerzeichen) hat dein Buch und wie lange hast du für das Verfassen benötigt?

O je, interessiert das jemanden? Also gut: rund 660.000 Zeichen oder 103.000 Wörter. Das tatsächliche Schreiben hat knapp drei Monate gedauert, die Entwicklung der Geschichte allerdings schon ein bißchen länger.

Gabriele Nolte - Blumen vom Marsdsf: Woher stammt die Idee zu Blumen vom Mars? Es macht auf mich den Eindruck, dass dir vor allem die Auseinandersetzung der arabischen mit der westlich orientierten Kultur am Herzen liegt. Wie kam es dazu, das in einen SF-Roman umzusetzen?

Die Idee geht zurück auf die Leseerfahrung des inzwischen klassischen Dreibänders über die Mars-Besiedlung von Kim Stanley Robinson. Irgendwas hat mir an diesem Mammutwerk gefehlt, vielleicht die zu wenig lebendigen Figuren, vielleicht die fehlende Gegenüberstellung mit der alten Heimat, vielleicht auch nur eine Prise Humor. Daraus entstand dann meine Idee zu einem ganz kleinen Mars-Buch. Aber wäre nicht nach langer Durststrecke in Sachen Mars das Buch von Andy Weir „The Martian“ erschienen und verfilmt worden – ich hätte es wahrscheinlich nicht gewagt, meine eigenen Marsbücher zu schreiben.

Die Gegenüberstellung von westlicher und islamischer Welt liegt natürlich in diesen Tagen nahe, und der Zusammenprall dieser Kulturen wird uns ja mittlerweile täglich in den Medien vorgeführt. Daß es dabei weit weniger um Kultur und Glauben als um den Aufbau neuer Machtblöcke geht, wird einem spätestens bei einem Blick auf die Landkarte klar. Aber die Auswirkungen davon lassen sich viel schöner und einsichtiger in einem Zukunftsroman beschreiben als in einem Blog oder Zeitungskommentar. Der zweite Teil „Blumen vom Mars – Unter Göttern“ fügt diesem Krieg der Kulturen als vermittelndes Drittes noch die pragmatischen Chinesen hinzu. Aber das klingt wieder viel zu theoretisch. Tatsächlich lasse ich die unterschiedlichen Menschen einfach aufeinanderprallen und warte ab, was dabei herauskommt. Die Guten dürfen sich am Ende ein Glas marsianischen Apfelschnaps genehmigen.

dsf: Blumen vom Mars scheint nicht deine erste Publikation zu sein, wie bist du zum Schreiben gekommen? Gibst du uns einen kurzen Überblick zu deinem Schaffen?

Mein erster Versuch war, wie schon gesagt, „Alphacode“, die Geschichte von einem bei der Heimatschutzbehörde in Detroit aktenwälzenden Autisten, der unversehens in eine weltumspannende Verschwörung gerät, die ihn letztlich nach Deutschland führt. Das ist dann ein richtiger Wälzer von mehr als 800 Seiten geworden, weil die Geschichte sich gewissermaßen einmal um die eigene Achse dreht.

Dann kamen zwei Bände einer Kinderbuch-Trilogie, die ich zuerst auf Englisch geschrieben und dann ins Deutsche übersetzt habe. „Das magische Handy“ („The Wishing Phone“) und „Die blaue Katze“ („The Blue Cat“). Der dritte Band steht noch aus. Den werde ich irgendwann in dunklen Winternächten mal schreiben. Die Bücher spielen in Amerika, wo sich vier Kinder ganz unterschiedlicher Herkunft zusammenraufen müssen und auf einer zweiten Ebene in einem Feenreich, wo sich ein Haufen von Dschinns und anderen magischen Kreaturen ebenfalls zusammenraufen müssen.

Dann kamen die Marsbücher. Und als kleine Fingerübung ist dieses Jahr noch „Jihad Jackpot“ erschienen, ein überaus ernsthaftes Werk, das sich mit der Frage auseinandersetzt, was passiert, wenn ein Selbstmordattentäter auf dem Weg zu seinem Einsatz erfährt, daß er einen Acht-Millionen-Lottojackpot geknackt hat. Das geht auf eine Wette mit Freunden zurück, die nicht glaubten, daß man so etwas Beklopptes zu einem Buch verwurschteln könnte.
dsf: Ich habe entdeckt, dass es auch englischsprachige Ausgaben deiner Werke gibt. Wer hat da übersetzt? Wie ist die Aufnahme deiner Titel im internationalen Markt?

Sorry, wie schon gesagt, genau umgekehrt. Ich habe sie zuerst auf Englisch geschrieben und dann übersetzt. Früher habe ich fast nur in englischer Sprache geschrieben, mittlerweile gewöhne ich mich langsam wieder an die deutsche Sprache. Seltsamerweise verkauft sich das recht gut in Japan. Aber ganz allgemein ist der englischsprachige Ebook-Markt bei Amazon so riesig, daß man ohne Werbemaßnahmen untergeht. Und ich bin einfach ein Werbe-Muffel.
dsf: Was mich ein wenig in deinem Roman Blumen vom Mars gestört hat, waren die Fähigkeiten der (unfreiwilligen) Kolonisten. Da werden von Strafgefangenen zuerst sinnlose Tunnel gebohrt und später von den Überlebenden mit Hilfe der Tunnelbohrmaschine und 3-D Druckern eine Maglev errichtet. Das schien mir ein wenig überzogen. Warum dieser „Gigantismus“?

Die sinnlosen Tunnel sind das Symbol für die Arbeiten eines vergessenen Armee-Vorpostens. Und gerechterweise geht der Armee-Vorposten unter. Meiner Erfahrung nach werden Fähigkeiten durchaus überbewertet. Was letztlich zählt, ist nur der Wille. Und daraus entsteht die erste Maglev-Bahn, als erste privatwirtschaftliche Initiative, sozusagen. Tausend Kilometer Strecke, einmal Flensburg – München, nicht viel im Vergleich zur Größe des Planeten. Ein bißchen phantastisch, sicherlich, aber was zum Teufel soll man denn auf dem Mars anderes tun als an der Erschließung zu arbeiten? Ich glaube, man muss sich dazu immer bewusst machen, wieviel unserer Lebenszeit wir hier auf der Erde damit zubringen, die Errungenschaften der längst erfolgten Erschließung unseres Planeten zu genießen. Eigentlich furchtbar, sich vorzustellen, wieviel wir erreichen könnten, wenn wir mal zwanzig Jahre lang richtig gefordert und nicht ständig abgelenkt würden.
dsf: Am Ende wurde es dann etwas esoterisch. Marfa verschwindet und taucht als eine Art Geistwesen wieder auf. Hm, das hat mich als rational denkenden Menschen vor ein Problem gestellt. Warum diese Esoterik, wo doch bisher alles sehr rational ablief?

Kein Geistwesen, sondern die nächste Stufe der Evolution, einfach ein Umbau auf Zellebene. Außerdem geht es schließlich auch um Religion, und da müssen wir uns notgedrungen ab und an von unserer so geschätzten Rationalität verabschieden, die ja auch nur der Verschiebebahnhof unseres derzeitigen Wissenstandes ist. Wenn ich mir den Hype um Dunkle Materie und Dunkle Energie ansehe, dann frage ich mich, wie sich diese verzweifelten Erklärungsversuche von noch nicht Erklärbarem in fünfzig Jahren anhören werden.
dsf: Verrätst du uns etwas über die private Gabriele? Was hat sie für Interessen? Gibt es Lieblingslektüre? Gibt es Vorbilder in der SF?

Wenn ich kann und das Licht gerade mal wieder gut ist, pflege ich mein Lieblingshobby Fotografie, ansonsten bin ich immer noch sehr eingespannt in die Zahlenwelt meiner Arbeit.

Vorbilder? Wahrscheinlich wieder lauter Namen, die in der deutschen Science Fiction nahezu unbekannt sind, wie z.B. Sheri Tepper und „The Gate to Women’s Country“, einer der brutalsten SF-Romane, die je geschrieben wurden. Und natürlich Terry Pratchett, was Sprachwitz und Killer-Dialoge angeht, auch wenn die deutsche Sprache da so viel sperriger ist als die englische.
dsf: Wie bist du zur SF gekommen? Warum schreibst du SF und nicht Mainstream? Ich meine, wir kennen alle das Gefühl als Nerd abgetan zu werden, wenn wir erwähnen, dass wir uns für SF interessieren und dann auch noch selber schreiben? Was sagt dein Umfeld dazu?
Science Fiction hat einfach im angelsächsischen Raum einen anderen Stellenwert und ein viel weiteres Spektrum. Man hat da dieses Nerd-Problem eigentlich kaum oder nur bei ganz extrem technischen Büchern, weil es diese strikte Trennung zum Mainstream gar nicht gibt. Das ist etwa so wie die im Deutschen immer noch vorherrschende Unterscheidung zwischen U und E, so als ob etwas Unterhaltendes nicht einen ernsten Hintergrund haben könnte. Oder als ob man nicht witzig über den Weltuntergang schreiben könnte. In Deutschland ist SF offensichtlich immer noch sehr eingeschränkt auf einen vorwiegend technischen, vorwiegend männlichen Bereich, die alte Perry Rhodan-Clique, wenn ich das mal so salopp in den Raum werfen darf.

Wenn ich dir jetzt sagen würde, daß eins der größten Werke der Science Fiction im letzten Jahrhundert Daniel Keyes „Charly“ („Flowers for Algernon“) ist, dann wärst du vermutlich ziemlich überrascht. Da kommt kein einziges Raumschiff vor. Aber ich kenne niemanden, der es gelesen hat und nicht schwer ins Grübeln gekommen ist. Und obwohl das Buch bald fünfzig Jahre alt ist, hat es nichts an Aktualität verloren, weil das, was wir über die Funktionsweise unseres Gehirns wissen, einen auch fünfzig Jahre später nicht wirklich vom Hocker reißt.

Die angelsächsische Schreibwelt ist da einfach inklusiver. Science Fiction beginnt ja mit der Frage: „Was wäre, wenn dies oder jenes technisch möglich wäre?“ Und diese Frage kann sich auf Entwicklungen in der Technik, aber auch beim Menschen selber oder in ganzen Gesellschaften beziehen. Insofern ist das Spektrum dieser Literaturgattung im englischsprachigen Raum viel größer und die Abgrenzung zu anderen Kategorien viel schwieriger. Was natürlich auch den unschätzbaren Vorteil hat, das es sehr viel mehr weibliche Leser anzieht, und Frauen machen nun einmal den größten Teil der Leserschaft aus.
dsf: Mit dem Fandom bist du nach eigener Aussage noch nie in Berührung gekommen, obwohl das bereits seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sehr gut in Deutschland organisiert ist. Es existieren viele Clubs und sonstige Zusammenschlüsse, stellvertretend sei hier der SFCD (Science Fiction Club Deutschland e. V.) erwähnt. Wie erklärst du dir, dass du das nicht wahrgenommen hast? Fehlt da die Durchdringung der Szene in die Öffentlichkeit?

Wie schon gesagt, ich komme da eigentlich aus einer ganz anderen Richtung. Und mir hat immer die Zeit gefehlt, um intensiv in Clubs mitzuarbeiten.
dsf: Gibt es neue Projekte, über die du hier etwas verraten möchtest?

Ein neuer SF-Thriller. Arbeitstitel: „Die Wiederkehr des Khans“. Stichwörter: Die Suche nach dem Grab von Genghis Khan, Umweltzerstörung beim Abbau seltener Erden in der Mongolei, Meteoriten, Quasi-Kristalle mit bisher unbekannten Eigenschaften. Wie ich das alles zu einem sinnvollen und hoffentlich spannenden Ganzen übereinander bringen soll, steht allerdings noch in den Sternen.
dsf: Vielen Dank für das Interview.

Der Roman “Blumen vom Mars” ist als Taschenbuch sowie digital für Kindle (inkl. Kindle unlimited) exklusiv bei Amazon erschienen.

 

Rückblick: MediKonOne

Am 12. und 13. August traf sich die SF-Gemeinde in Oldenburg zum MediKonOne – aber dieser Con war anders. Böse Zungen könnten ja behaupten, dass die Überalterung der SF-Szene irgendwie ganz gut zu einem Klinikum als Location passe. Aber Medizin und SF haben eine erhebliche Schnittmenge: Denn dass im Gesundheitssystem gewisse teils unangenehme Zukunftsfragen auf der Tagesordnung stehen, ist allgemein bekannt. Die Babyboomer erreichen bald das Alter, in dem ernsthafte Erkrankungen immer wahrscheinlicher werden. Und schon jetzt können Krankenhäuser nicht alle offenen Stellen für Pflegepersonal besetzen. Moderne Technologie hilft schon längst bei der Diagnose Behandlung, aber wie geht der Weg weiter? Welche Antworten haben Mediziner, welche SF-Autoren?

Die Location: Das MAZ des Klinikum Oldenburg

Die Location: Das MAZ des Klinikum Oldenburg

An zwei Tagen (zuzüglich SFCD-Versammlung am Sonntag) wartete auf drei bis vier Schienen ein abwechslungsreiches Programm auf die Gäste. Im großen Saal gab es meist Vorträge zu medizinischen Themen, in den kleineren Räumen fanden ganz unterschiedliche Lesungen statt. Im Treppenhaus der Location, des Medizinischen Ausbildungszentrums (MAZ) des Klinikum Oldeburg, hatten außerdem mehrere Anbieter Büchertische aufgebaut. Pech für die Veranstalter: Zwei der Ehrengäste, nämlich Dirk C. Fleck und Dietmar Dath, mussten leider kurzfristig absagen.

Einer der Höhepunkt am Freitag war der Auftritt des verbliebenen Ehrengastes, Herbert W. Franke (89). Der Künstler und Autor unzähliger Kurzgeschichten und Romane trug nicht nur auf unnachahmliche Weise zwei Geschichten und ein Gedicht vor, er zeigte auch einen auf Basis einer seiner Storys entstandenen Kurzfilm. Außerdem stand er während des Cons ständig zum Signieren von Büchern und für Gespräche zur Verfügung – ein SF-Altmeister zum Anfassen.

Herbert W. Franke in Aktion

Herbert W. Franke in Aktion

Eine besondere Art des Sponsorings hatte sich übrigens der Heyne-Verlag einfallen lassen: So erhielt jeder Besucher nicht nur je ein Gratis-Exemplar des Essays “Die Zukunft” von Heyne-Lektor Sascha Mamczak, sondern auch den aktuellen Roman “Unsterblich” von Jens Lubbadeh.

Stapelweise Unsterblichkeit

Stapelweise Unsterblichkeit

Permanent zu bewundern war außerdem eine Ausstellung mit Werken des Künstlers Lothar Bauer im Treppenhaus der Location.

Ausstellung mit Werken von Lothar Bauer

Ausstellung mit Werken von Lothar Bauer

Einer der Höhepunkte am Samstag: Die Verleihung des Deutschen Science Fiction Preises. Beide Preisträger waren anwesend. Andreas Brandhorst wurde für seinen Roman “Das Schiff” ausgezeichnet, Frank Böhmert für die Kurzgeschichte “Operation Gnadenakt”. Vom fachkundigen Publikum erfreut aufgenommen wurde außerdem eine Neuerung: Erstmals verteilte das DSFP-Komitee Urkunden für die Platzierungen Zwei und Drei, um auch diese erfolgreichen Autoren auszuzeichnen.

Die Träger des DSFP 2016: Andreas Brandhorst (links), Frank Böhmert (rechts)

Die Träger des DSFP 2016: Andreas Brandhorst (links), Frank Böhmert (rechts)

Nach den Lesungen der Preisträger war ein weiterer gut besuchter Höhepunkt die Podiumsdiskussion über die Zukunft der Medizin mit Gesprächspartnern aus Klinikum und SF-Szene. Ethische Fragen wurden genauso angesprochen wie ganz praktische: Ein zukünftiger Patient wird vielleicht von einem netten Androiden betreut, aber wer nimmt die Beschwerden beispielsweise über nicht aufgeladene Akkus entgegen?

Ebenfalls bekanntgegeben wurden die Gewinner des Curt-Siodmak-Preises. Der SFCD prämierte in dieser Publikumsabstimmung die beste TV-Serie (“Dr. Who”) und den besten Spielfilm (“Der Marsianer”, mit Abstand) und verloste zwei DVD-Boxen.

Der MediKonOne war eine gelungene Crossover-Veranstaltung: Es kam tatsächlich zu Begegnungen zwischen zwei Welten. Auch medizinisches Personal wurde gelegentlich beim Kauf von SF-Literatur und im Gespräch mit SF-Fans beobachtet; die Lesungen und Diskussionsrunden boten jederzeit spannende Unterhaltung. Bis auf Kleinigkeiten funktionierte die Organisation wie am Schnürchen, und zumindest am Samstag konnte sich auch niemand über zu wenig Publikum beklagen (mehr geht natürlich immer!). Gleich mehrere jüngere “Ersttäter” (also SF-Fans, die zum allerersten Mal einen Con besucht haben und – sorry, Altersgenossen! – noch keine grauen Haare haben), wurden gesichtet. Da kann man sich nur bei Cheforganisator Ralf Boldt und seinem Team bedanken!

Wir tun mal so, als wäre der Con ein Buch und dies eine Rezension und vergeben:

Wertung-5-Sterne

Das Fazit: Hoffentlich sehen wir uns wieder beim MediKonTwo!

(Alle Fotos: Uwe Post)

Rezension: “Blumen vom Mars” von Gabriele Nolte

Ich stehe dem Selfpublishing skeptisch gegenüber, sehr sehr skeptisch. Da wimmelt es normalerweise nur so von Rechtschreibfehlern, die Geschichten sind hanebüchen und so weiter, das muss ich nicht ausführen. Deswegen finden solche Werke auch auf dieser Webseite nur Berücksichtugung, wenn sie es wirklich verdienen.
Das hier vorliegende Buch hätte ich im Leben nie gelesen, hätte mein Freund Heinz Zwack es mir nicht empfohlen. Und zwar so wärmstens, dass ich nicht anders konnte, als es schleunigst zu lesen.
Nun, ich bin selber als SF-Schriftsteller unterwegs. Habe 2014 für meine Novelle “Seitwärts in die Zeit” den Deutschen Science Fiction Preis verliehen bekommen. Aktuell wurde mein Roman “Glühsterne” als bester deutschsprachiger SF Roman für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert. Warum erzähle ich das? – Nun, ich habe das Gefühl, dass meine Texte nicht an das Niveau des hier vorliegenden Romans heranreichen.
Das Setting ist die Erde in naher Zukunft. Die Konfrontation zwischen arabischer und westlich geprägter Welt ist weiter fortgeschritten, Europa ist teils islamisiert. Als weitere Mächte existieren noch China und Russland. In dieser Situation gibt es zwei geheime Kolonien auf dem Mars, eine arabische und eine US-amerikanische. Beide sind im Stich gelassen worden, sind auf sich allein gestellt.
Nun wird anschaulich im Kleinen demonstriert, was sich auch auf der Erde im Großen abspielt: Der Kampf der Kulturen. Einfühlsam schildert Nolte uns die Gefühlswelt arabischer Frauen und amerikanischer Männer. Zeigt zwischen den Zeilen, dass es die arabischen Frauen (die Mütter) sind, die ihre eigenen Kinder so erziehen, dass sie (die Jungen) sie später unterdrücken. Hut ab, das ist realistisch. Genauso realistisch, wie sie zeigt, wie es einzelnen Frauen gelingt, sich dagegen aufzulehnen. Wie sie zeigt, wie sich durch Zusammenarbeit der Kulturen, das Beste aus allem herausholen lässt.
Schonungslos zeigt Nolte auf, was kritisierungswürdig ist, ohne auszugrenzen. Sie zeigt Lösungsmöglichkeiten im Kleinen, die sich wahrscheinlich schwerlich auf das ganz Große übertragen lassen. Aber sei es drum, wir haben hier eine Utopie, die aus einer Dystopie erwächst. Ganz großes Kopfkino!
Am Ende wird es für meinen Geschmack etwas zu esoterisch, aber das ist der Handlung geschuldet.

Wertung-5-Sterne

Rezension: Dirk C. Flecks Trilogie Tahiti/Südsee/Feuer

Das Tahiti Projekt

Das ist kein Roman
…sondern ein als Roman verbrämtes Sachbuch. Als solches nicht schlecht, als Roman fällt es leider völlig durch.
Warum?
Nun, da fehlt so ziemlich alles, was einen Roman ausmacht. Eine Spannungskurve zum Beispiel. Wer hier Spannung sucht, sucht sie vergebens. Im Gegenteil, der Text ist sehr langatmig aufgebaut, immer wieder wird Information transportiert an Stellen, an denen Handlung einen Roman nach vorne treiben würde. Die Protagonisten agieren hölzern. Die Liebesbeziehung zwischen dem Hauptprotagonisten und Maeva, der indigenen Schönheit, wirkt aufgesetzt. – Schade, hier wurde viel Potential verschenkt.
Denn das Thema ist es wert, dass man darüber diskutiert.
Fleck schildert uns hier eine Welt, die unsere Umwelt- und sonstigen Probleme in den Griff bekommt oder zumindest auf einem guten Weg dahin ist.
Fleck schlägt als Lösung mehrere entscheidende Dinge vor:
1. Einführung von Expertenparlamenten anstelle des heutzutage vorhandenen. Gleichzeitige Abschaffung der Parteienlandschaft. Für Grundwerte, Kultur, Politik und Wirtschaft soll es eigene unabhängige Gremien geben, die ihren Bereich in Unabhängigkeit regeln.
2. Bodenreform. Der Boden wird Allgemeingut und von den Menschen lediglich gepachtet, so wird Geld erwirtschaftet, dass der Allgemeinheit im Wege des Grundeinkommens wieder zur Verfügung gestellt wird.
3. Steuerreform. Arbeitseinkommen wird nicht mehr besteuert. Ein Grundeinkommen wird jedem Bürger unabhängig von seiner Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt, damit er seine Grundbedürfnisse befriedigen kann. Die Steuer wird auf Verbräuche erhoben. Luft, Wasser, Boden, Rohstoffe und Energie werden besteuert.
4. Geldreform. Geld nimmt regelmäßig im Wert ab. D. h., wer zu lange sein Geld hortet, hat am Ende weniger Wert in der Tasche, als vorher. Zinsen gibt es nicht mehr. Dieses System bringt die Menschen dazu, das Geld (Tauschleistung) nicht auf Dauer dem Kreislauf zu entziehen. Damit wird die Wirtschaft angekurbelt. Dieses System wurde in Österreich in der Gemeinde Wörgl 1932 praktiziert und dann durch die Regierung verboten.
5. Arbeitsreform. Jeder Bürger darf arbeiten, muss aber nicht. Damit wird Arbeit wieder als Selbstverwirklichung und nicht als Last empfunden.
In Flecks Gesellschaftsentwurf funktioniert das. Er stellt die unverdorbene indigene Bevölkerung Tahitis als die neue Menschheit dar, die uns alle auf den richtigen Weg, quasi zurück zu den Wurzeln, zurück zum Einklang mit der Natur, bringt.
Ein schöner Traum.
Meine Realitätswahrnehmung ist eine andere, sehr viel pessimistischere.
In vielen Punkten kann ich Flecks Plan teilen. Expertenparlamente, Boden- und Steuerreform und vor allem die Geldreform erscheinen mir nicht unlogisch.
Womit ich aber ein erhebliches Problem habe ist die Arbeitsreform. Dies nicht unbedingt mit dem Argument, dass ein erheblicher Anteil der Bevölkerung nicht mehr arbeiten würde; die würden irgendwann die Notwendigkeit einsehen, aber dazu kommen wir gleich. Vielmehr kann der Mensch in meinen Augen nur dann Selbstbefriedigung aus der Arbeit ziehen, wenn er seinen Neigungen nachgeht und beispielsweise ein fertiges Werk schafft, anstelle einer einzelnen Handlung an einem größeren Werk. – Hier sehe ich den alles entscheidenden Haken des Ganzen. Es würden sich niemals so viele Menschen zusammenfinden, um ein größeres Werk (welches ist völlig egal) herzustellen. Die Arbeitsteilung, die uns allen einen gewissen Wohlstand ermöglicht, würde völlig zusammenbrechen. – Tut mir leid, Herr Fleck, aber das ist meine Meinung.
Kennen Sie (natürlich werden Sie das kennen) das Buch Planet der Habenichtse von Ursula K. LeGuin? Hier wird eine ähnliche Gesellschaft dargestellt, wie Sie sie entworfen haben. Allerdings mit der Konsequenz, dass, wenn die Umsetzung funktioniert, der Lebensstandard für alle Bevölkerungsschichten drastisch sinkt. Sicherlich, die Umweltprobleme etc. bekommen wir in den Griff, bezahlen damit aber mit einem für den Einzelnen sehr wichtigen Gut: dem Lebensstandard!
Insofern fürchte ich, dass der Entwurf, den Fleck hier macht, nicht umsetzbar ist. Er muss alleine schon an dem Willen der Bevölkerung scheitern, weil sie nicht bereit sein wird auf Konsum zu verzichten. Hier bräuchte es den „neuen Menschen“, den Sie in der indigenen Bevölkerung, die im Einklang mit der Natur lebt, erkannt zu haben glauben.
Auch hier möchte ich widersprechen. M. E. ist der Mensch anders aufgebaut. Schauen wir doch nur einmal in die Bibel (auch wenn ich nicht religiös bin). Hier will ich nur verdeutlichen, dass der Mensch bereits vor über 2000 Jahren mit denselben menschlichen Problemen wie z. B. der Habgier umgegangen ist. Anders ist dieses Gebot m. E. nicht zu erklären. Wirft man auch einen Blick auf das Artensterben in geschichtlicher Zeit, so glauben Wissenschaftler zu erkennen, dass dieses mit der Ausbreitung des Urmenschen einherging. – Insofern glaube ich nicht an den „guten“ im Einklang mit der Natur lebenden Eingeborenen. Ich sehe den Menschen als Individuum, der nur auf seinen Vorteil aus ist und allenfalls in seiner engsten Umgebung (Familie) etwas andere Maßstäbe gelten lässt. Und das ist schichtenunabhängig. – Aber das führt jetzt zu weit.
Über eine Replik würde ich mich freuen.
Das Buch wurde ausgezeichnet mit dem Deutschen Science Fiction Preis, einem der drei bedeutenden Literaturpreise in diesem Genre in Deutschland.
Ich vergebe 5 Sterne für die Ideen die in diesem (Sach-) Buch transportiert werden. 4 Sterne ziehe ich für die leider nicht wirklich vorhandene Romanstruktur ab.
Das Südsee Virus
Da thrillt nix…
Tut mir leid, da kam bei mir null Spannung auf. Das Buch ist meiner Meinung nach alles andere, als ein Thriller. Ich musste mich zwingen, die Seiten zu lesen, nach dem ersten Drittel konnte ich nur noch querlesen.
Warum?
Nun, der Autor ist bemüht. Ihm liegt viel, sehr viel am Thema. Er bringt dem Leser viele ökologische wie auch politische Ideen nahe. Viele Sachen und Dinge, die absolut notwendig erscheinen, um dem Menschen und mit ihm dem Ökosystem Erde das Überleben zu ermögliche.
Leider scheitert der Roman (nicht die Idee!) eben genau daran. Es ist einfach zu viel des Guten. Der Leser wird ständig belehrt. Offensichtliches wird erklärt. Weniger wäre viel (sehr viel) mehr gewesen. Handlung in dem Sinn, dass hier auch nur ein wenig Action gebracht wird, existiert nicht. Dabei hätte das Buch, anders aufgebaut, sehr viel Potential. Man könnte tatsächlich einen Thriller daraus machen und so auch die Thesen, die es wirklich wert sind, diskutiert zu werden, an die Leser bringen.
Ich vermute jetzt einfach mal, das sich dieser Roman sehr viel schlechter verkauft hat, als der erste Teil. Vermutlich hat Piper aus diesem Grunde darauf verzichtet, auch den dritten Teil zu bringen. Der kam in einem (hervorragenden) Kleinverlag heraus.
Bleibt natürlich noch die Kernaussage, die Thesen. Hier wird dem Equilibrismus der Mund geredet. Das ist grundsätzlich nicht schlecht. Für meine Begriffe wird aber nicht genug hinterfragt. Indigene Bevölkerungen als grundsätzlich gut und die industriell westlich geprägte Gesellschaft als schlecht hinzustellen, ist für mich zu platt. Meine (evtl. unmaßgeblichen) Erfahrungen mit Menschen jeglicher Couleur deuten hier doch auf die weit verbreitete Habgier jedes einzelnen hin. Und das scheint mir in indigenen Bevölkerungen auch nicht anders zu sein, sie hatten bislang einfach nur noch nicht die Chance, derart Einfluss auf die Ökologie des Planeten zu nehmen, wie wir. – Wenngleich, es scheint erwiesen zu sein, dass bereits unsere entfernten Vorfahren (was anderes sind sie, als indigene Völker) für das vielfältige Artensterben verantwortlich sind, was mit der Ausbreitung des Menschen über unseren Planeten hereinbrach.
Insofern hat Fleck hier den zweiten Teil seiner Utopie geschaffen. Wie auch bei Thomas Morus, muss das nicht schlecht sein, es überzeugt mich aber nicht.
Egal, der dritte Teil liegt auf meinem Nachttisch, ich werde ihm eine Chance geben, des Themas wegen.
Feuer am Fuss
Nun, auch der dritte Teil der Maeva-Trilogie hat mich nicht überzeugt. Ich habe ihn in weiten Teilen nur quer lesen können. Der Text liest sich häufig wie ein Auszug aus Reden von Politikern. Allerdings von Politikern, die reden können. Denen ihr Anliegen wirklich am Herzen liegt. – Nichtsdestotrotz, das ist harter Stoff für jemanden, der einen Roman erwartet.
In meinen Augen haben wir hier keinen Roman vorliegen, sondern eher eine Art Manifest. Eine Darstellung einer sterbenden Gesellschaftsform (Kapitalismus) und dem Versuch aus den Ruinen etwas Neues zu schaffen. – Nun, das mag gelingen. Ich teile in vielen Bereichen die Sorgen und Nöte des Autors, kann nachvollziehen, dass in unserem westlichen System vieles im Argen liegt.
Allerdings scheint er mir dann doch an manchen Punkten die Keule herausgeholt und einen Rundumschlag gemacht zu haben. So nach dem Motto: und was ich sonst noch so sagen wollte, das und das und das stört mich auch.
Das tut dem Text insgesamt nicht gut. Er liest sich nicht flüssig, zumindest hatte ich damit meine Probleme.
Einen durchgehenden (spannenden) Handlungsfaden konnte ich nicht erkennen. Das mag der Tatsache geschuldet sein, dass ich häufig nur quer gelesen habe, aber die Handlung hat mich einfach nicht gefesselt. Das war mehr ein Aneinanderreihen von Begebenheiten. Manche Situationen (z. B. das Treffen mit dem russischen Oligarchen oder das Treffen mit einem der Superreichen, der auf der Todesliste steht) lasen sich für mich wie die bei Sozialpädagogen so beliebte Einstiegsrunde bei der Vorstellung im Stuhlkreis: Ich bin der und der und mache das und das… Das thrillt nicht wirklich, sondern hat bei mir nur quälende Langeweile hervorgerufen. Tut mir wirklich leid, ich möchte dem Autor nicht zu nahe treten, aber als Roman taugt auch dieser dritte Teil in meinen Augen nichts.
Der Inhalt, so wie ich ihn wahrgenommen habe, ist kurz erzählt: Unser westlich kapitalistisches System kollabiert. Die Gründe sind vielfältig, lassen sich aber im Grundsatz auf die Habgier einiger weniger Menschen zurückführen. Die indigenen Völker zeigen sich aufgeschlossen den neuen alten Ideen gegenüber und schaffen es (vielleicht) eine neue Gesellschaftsordnung aufzubauen.
Nun, auch damit habe ich so mein Problem. In meinen Augen ist der westlich kapitalistisch geprägte Mensch nicht wirklich schlecht und der indigene nicht von sich aus gut. Das ist mir einfach zu platt und, ganz ehrlich, es war mir an vielen Stellen einfach zu viel des Guten. Immer wieder die weisen Sprüche der Indianer oder der australischen Aborigenies (bewusst mit Genies geschrieben) vorgekaut zu bekommen. Das langweilt. Das ist gut gemeint, aber es hat mich mal vor vierzig Jahren beeindruckt, jetzt nicht mehr. Das ist m. E. einfach nur platt, denn würden wir diesem Weg kompromisslos folgen, dann würden wir auch wieder so leben, wie einfache Stammesgemeinschaften das getan haben: Von der Hand in den Mund. Da fehlt mir etwas, vielleicht habe ich es auch einfach nicht verstanden.
Warum habe ich trotzdem (wenn auch nur quer) weiter gelesen?
Weil das Thema an sich wichtig ist. Weil es wichtig ist, sich mit den Ideen, die Fleck hier transportiert, auseinanderzusetzen. Weil viel von dem, was er beschreibt, tatsächlich kommen könnte. Weil viel ggf. umsetzbar ist und auch sinnvoll wäre, umgesetzt zu werden. Parlaments-, Geld-, Boden-, Steuerreform, alles Dinge, die sich wirklich lohnen diskutiert zu werden.
Allerdings teile ich mit dem Autor auch nicht alle Ansätze. Ich glaube, dass tatsächlich bei wirklich reichen Mitmenschen (ich meine hier Multimilliardäre) ein Umdenken stattfindet. Zumindest habe ich dies bei zwei mir persönlich bekannten festgestellt, die einen ganz erheblichen Teil ihres Vermögens in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht haben, die als Zweck die Völkerverständigung hat. Insofern glaube ich, dass unsere Gesellschaft durchaus wandelbar ist und zwar nicht in dem Sinne, von dem der Autor ausgeht.
Das hört sich jetzt recht merkwürdig an, aber ich würde dem Anliegen des Buches 5 von 5 möglichen Sternen geben, dann aber 4 Sterne für die mangelnde Umsetzung abziehen. Ich wage zu prophezeien, dass sich das Buch nicht als Kassenschlager entwickeln wird (leider) und insoweit die Ideen, die hier aufgeworfen wurden im Sande verlaufen werden.

 

Wertung-1-Stern

Alle drei Bücher sind im Paket nur bei p.machinery zum Preis von 24,90 € zu beziehen.