Rezension: Shadowrun – “Iwans Weg” von David Grade

Der Pegasus-Spieleverlag versucht sich am Neustart einer Shadowrun-Rollenspiel-Romanserie – geschrieben von deutschen Autoren. Den Anfang macht mit David Grade ein bisher in der SF-Szene eher unbeschriebenes Blatt – daher sind wir auf das Ergebnis ganz besonders gespannt.

“Iwans Weg” spielt vollständig im Dortmund der “Sechsten Welt” anno 2077/78, also einer düsteren Cyberpunk-Zukunft mit Fantasy-Elementen. Die Titelfigur, alles andere als ein strahlender Held, gerät zwischen die Fronten eines gnadenlosen Kampfes: Letztlich sind es zwei Feenwesen, die ihre Konflikte statt in ihrer eigenen Welt in der Menschenwelt austragen, sich metamenschliche Handlanger suchen, und dabei auf keinerlei Kollateralschäden Rücksicht nehmen.

Der Roman ist hart, dreckig, blutig (aber nicht blutrünstig) und das genaue Gegenteil einer romantischen Zukunftsvision. Aber das ist eben Shadowrun.

Dass es sich um ein Rollenspiel-Universum handelt, fällt – im Gegensatz zu anderen Werken – dem Leser nicht negativ auf. Natürlich verwendet der Roman die üblichen Begriffe und Elemente wie Decks und Komms, Runs und Chummer (es gibt im Anhang ein Glossar und eine kurze Einführung in die Welt). Aber an keiner Stelle hat man das Gefühl, als hätte der Autor wie in einem Rollenspiel das Ergebnis eines Kampfes ausgewürfelt, oder trifft auf Verhältnisse, die nur Eingeweihte nachvollziehen können. Lediglich die kapitelweise wechselnde Figurenperspektive erinnert an ein Rollenspiel, das von mehreren Spielern getragen wird, aber das ist wegen der durchaus unterschiedlichen Handlungsträger sogar von Vorteil. Dabei sind Story und Handlungsweise der Figuren in sich plausibel, was man gar nicht genug betonen kann, wenn man sich anschaut, was für Aneinanderreihungen von Plot-Holes dem SF-Fan üblicherweise etwa in aktuellen SF-Filmen aufgetischt werden.

Es ist deutlich hervorzuheben, dass dieser Roman keinesfalls nur für Fans oder Kenner von Shadowrun zu empfehlen ist. Er geht inhaltlich weit über ein oder zwei Runs – also Abenteuermissionen – hinaus. Der Autor nimmt sich viel Zeit, um seinen Figuren, insbesondere Iwan, Tiefe zu verleihen. Die meisten schleppen üble persönliche Probleme mit sich herum, die durchaus relevant für die Handlung sind. Dabei versteht der Autor, wovon er redet, denn er arbeitet als Therapeut in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie, mit einem Schwerpunkt auf posttraumatischen Belastungsstörungen.

Wer einen temporeichen, dreckigen, coolen Cyberpunk-Roman mit Tiefgang und authentischem Ruhrpott-Lokalkolorit lesen möchte, ist hier genau richtig.

Den 344 Seiten starken Roman gibt es für €12,95 überall, wo es Bücher gibt. Infos beim Verlag.

Natürlich sind wir nach diesem gelungenen Neustart der Shadowrun-Romanserie sehr gespannt auf weitere Bände, die bereits angekündigt sind. Wir werden das Thema in naher Zukunft mit Interviews und weiteren Artikeln im Auge behalten.

Unterhaltung:

Anspruch:

Originalität: