Interview mit Nydenion-Regisseur Jack Moik

Nydenion: Jack Moik (Bild: Nydenion / Magna Mana FX)Military-Sci-Fi und Space Opera sind nicht nur in der Literatur en vogue, auch im Film lassen sich spannende Abenteuer mit großem Hintergrund erzählen. deutsche-science-fiction.de fragte den aus Marburg stammenden Jack Moik zu seinem abendfüllenden Spielfilm „Nydenion – Krieg der Kolonien“, der am 7.11. auf DVD und Blu-ray erschienen ist.

Mir war der Film trotz klassischer 90 Minuten fast zu kurz, der hätte ruhig noch weitergehen können.

Der Film war in seiner ursprünglichen Schnittfassung über 100 Minuten lang, aber wir haben ihn etwas zeitgemäßer geschnitten und einige dialoglastigen Szenen herausgenommen. Ich denke, das hat dem Film gut getan.

Wie lange habt ihr gebraucht, um diesen Film auf die Beine zu stellen?

Man liest ja gelegentlich, wir hätten mehr als 10 Jahre gebraucht, um den Film zu drehen. Das trifft so nicht zu: Da Nydenion vom Grundkonzept her ein Independent-Projekt von Sci-Fi-Fans ist, haben wir den Film selbst finanziert und nebenbei in unserer Freizeit gedreht. Die relevanten Drehzeiten fanden hauptsächlich zwischen 2001 und 2005 statt.

Danach gab es eine längere Phase, in der wir eine Möglichkeit gesucht haben, die Postproduktion fertigzustellen. Mein Executive Producer Caspar Arnhold hatte dann die Idee, finanzielle Unterstützung bei der Investitionsbank Hessen zu beantragen. Der Antrag wurde genehmigt und wir haben in den letzten zwei Jahren die Postproduktion und damit den Film zu einem guten Ende gebracht.

Wie viele Leute waren letztlich daran beteiligt?

Man wird es kaum glauben, aber die Hauptcrew, die den Film gedreht hat, bestand aus gerade mal sieben Personen. Es kamen und gingen über die Jahre immer mal wieder ein paar Interessenten, aber diese sieben sind treu geblieben und haben mit ihrem unerschütterlichen Idealismus und Durchhaltevermögen dabei geholfen, den Dreh abzuschließen.

Nydenion (Bild: Nydenion / Magna Mana FX)Natürlich hatten wir für die Postproduktion schon etwas mehr “Manpower”, das kann man aber nicht mit einer Hollywood-Produktion mit großem Budget vergleichen. Wir haben die Crew unserer Firma Magna Mana fast ein halbes Jahr lang verdoppelt und die hessischen Postproduktions-Firmen Upstart und 3D Maximal mit einigen Shots beauftragt. So waren an der Postproduktion etwa 50 Spezialisten beteiligt. Das ist eine Mini-Crew, wenn man bedenkt, dass wir über 700 FX Shots zu bewältigen hatten.

Auffällig ist die Mühe, die ihr in die Modelle gesteckt habt. Ist das eher den vor zehn Jahren noch eher engen Möglichkeiten der Technik geschuldet oder wolltest Du bewusst „den guten alten Modellbausatz-Look“?

Ich bin ein Kind der Modellbau Ära. Ich liebe es, mit Modellen zu arbeiten und herauszufinden, wie man sie in Szene setzt, damit das Ergebnis echt aussieht. Wir mussten mit dem verfügbaren Mini-Budget aber auch versuchen, alle Optionen zu nutzen.

Nydenion (Bild: Nydenion / Magna Mana FX)Für mich gibt es nie ein „entweder/oder“, die besten Effekte entstehen dann, wenn man alle verfügbaren Möglichkeiten ausschöpft. Ein Modell-Shot kann unter Umständen günstiger sein als ein Computer-generierter, gleichzeitig sieht er oft sogar realistischer aus. Es ist sehr schade, dass diese Technik immer mehr in Vergessenheit gerät, wir wollten sie erhalten und sinnvoll einsetzen.

Nydenion (Bild: Nydenion / Magna Mana FX)Tricktechnisch zieht Nydenion ja alle Register: Greenscreen, Modelle, CGI-Einstellungen, Matte-Landschaften, halb zerlegte Roboter-Mädels… habt ihr irgendeine Herausforderung ausgelassen?

Aliens! Wir haben keine Außerirdischen im Film, weil wir ursprünglich einfach niemanden in der Crew hatten, der sie überzeugend in Szene setzen konnte. Es kommen zwar nicht näher definierte Spezies in Textpassagen der Darsteller vor, aber wir überlassen es der Fantasie der Zuschauer wie sie aussehen könnten.

Was war oder ist denn Dein filmisches Vorbild, auch oder darüber hinaus wer in Sachen Effekte?

Es gibt einige Filmemacher, die ich sehr schätze. Ich denke, in manchen Szenen denkt man gleich an Ridley Scott, den habe ich gerne mal zitiert. Er hat meine Sehgewohnheiten sehr geprägt und ich freue mich schon sehr auf seinen neuen Alien-Film.

In Sachen Effekte bin ich ein leidenschaftlicher Fan von Derek Meddings. Seine komplett erschaffenen Miniatur-Sets sind legendär und seine Arbeiten für Bond, Superman und TV sind zeitlos schön.

Gibt es Entwicklungen in der SF, die Du so richtig nicht ausstehen kannst?

Ich finde es schade, dass die klassischen Sci-Fi-Geschichten in den letzten Jahren immer mehr von Superhelden in den Kinos verdrängt worden sind. Bitte nicht falsch verstehen, Ich liebe die Superman-, Spiderman- und X-Man-Filme. Aber es gibt einfach kaum noch richtig echte Science-Fiction Filme mit Raumschiffen, Aliens und allem was dazu gehört.

Du hast nicht nur Regie geführt, die Special Effects supervisiert und die Musik gemacht, sondern auch noch das Drehbuch geschrieben.

Das Drehbuch beruht auf einer Idee, die ich mir vor über 20 Jahren mit zwei Freunden zusammen ausgedacht habe. Anfang der 90er Jahre habe ich sie dann aufgeschrieben. Ich habe sogar noch eine uralte Fassung, die mit Schreibmaschine geschrieben wurde! Das waren damals knapp 60 Seiten. Im Laufe der Dreharbeiten haben wir die Story kontinuierlich ausgebaut und an unsere Möglichkeiten angepasst.

Nydenion (Bild: Nydenion / Magna Mana FX)Wo liegt die größte Herausforderung dabei?

Wenn man Independent-Filmer ist, muss man seine Fantasie manchmal etwas bremsen, damit die Idee nicht das Machbare übertrifft. Zwischen 2001 und 2005 haben wir die Story immer wieder an unsere Möglichkeiten angepasst. Marcus Grebe und Alexander Röder haben sehr dabei geholfen. Unsere letzte Fassung war dann knapp 120 Seiten lang und die haben wir auch so verfilmt. Wir wollten in dem Drehbuch möglichst viele Anspielungen auf die von uns geliebten Blockbuster, ich sage nur, die Sequenz mit der Bombe sagt eigentlich alles, oder?

Wie besetzt man eigentlich einen Film ohne Budget?

Wenn man sich mit Nydenion beschäftigt, wird man feststellen, dass fast alle, die hinter der Kamera standen, auch vor der Kamera zu sehen sind. Wir haben Tests mit verschiedenen Menschen aus unserem Bekanntenkreis gemacht und waren uns einig, dass wir es auf diesem Weg versuchen sollten, die Rollen zu besetzen. Für die weibliche Hauptrolle der Cynthia Perkins konnte ich zudem meine Ehefrau Annette gewinnen. Wir sind ein eingespieltes Team und haben uns in all den Jahren zahlreiche freie Sonntage für Dreharbeiten reserviert.

Nydenion: Green screen (Bild: Nydenion / Magna Mana FX)Ein Dreh mit ausgebildeten Schauspielern war aus verschiedenen Gründen nicht möglich: Nicht nur das fehlende Budget, auch die Abgelegenheit unseres Studios in einer alten Fabrikhalle in der Nähe von Marburg sowie die lange Zeitspanne unserer Produktion, machten das so gut wie aussichtslos. Wir vergleichen uns nicht mit Produktionen auf internationalem Spielfilm-Niveau, hatten aber den Anspruch, uns als Laiendarsteller so gut wie möglich zu behaupten. Beim Nachdreh 2010 bekamen wir etwas Unterstützung von professionellen Schauspielern wie Richard van Weyden, das war eine sehr schöne Erfahrung.

Ist Science Fiction tot?

Science Fiction wird seit einigen Jahren immer mal wieder totgesagt, die Fans aber bleiben. Das ist völlig normal, die Star-Wars-Welle vor 35 Jahren konnte nicht ewig anhalten, musste irgendwann abebben und dann wieder mit etwas Neuem auftauchen. Irgendwann kommt immer wieder mal ein großer Sci-Fi-Film und mischt alles auf. Ich glaube, wenn man als Kind davon angesteckt wurde, lässt einen das ein Leben lang nicht mehr los und man möchte immer wieder in diese faszinierenden Welten eintauchen.

Nydenion (Bild: Nydenion / Magna Mana FX)Was ist Deine persönliche Vision von der Zukunft der Erde? Megastädte? Roboterkriege? Frieden überall?

Das ist eine spannende Frage. Ich glaube, die Menschheit muss sich den ökologischen, sozialen und anderen Problemen, die sie verursacht hat, irgendwann in naher Zukunft stellen. Der Mensch ist eine ausgesprochen vielseitige und zähe, aber vor allem auch von Wissbegier und Forscherdrang gekennzeichnete Lebensform. Diese Energie drängt uns über unseren Planeten hinaus, um neue Welten entdecken. Megastädte haben wir ja schon, auch wenn ich die fliegenden Fahrzeuge noch vermisse. Aber man sollte optimistisch sein, trotz aller Horrorszenarien, die die Wissenschaft prognostiziert. Mit ziemlicher Sicherheit wird in 100 Jahren die Technik unseren Alltag noch viel stärker dominieren, aber auch entlasten, als heute. Ich stelle mir eine Welt zwischen Blade Runner und I-Robot vor. Megacities, Androiden und mittendrin sind wir irgendwo …

Bist Du froh, dass der Film endlich fertig ist?

Es ist ein gutes Gefühl, Nydenion nun als Film zum Abschluss gebracht zu haben. Manchmal vermisse ich aber die Zeit in unserem Studio, wo man sich richtig austoben konnte und Kulissen, Modelle und Ausstattungen bauen konnte. Wir konnten uns dabei stundenlang über neue Filme unterhalten, während im Hintergrund Filmmusik aus einem CD-Player dröhnte. Es war eine ganz besondere Zeit in meinem Leben, die ich niemals missen möchte.

Hast Du einen Ratschlag für andere, die an ihrem Groß-Projekt verzweifeln?

Niemals aufgeben! Ich habe viele Projekte über die Jahre laufen sehen, denen leider irgendwann die Puste ausging. Dafür gibt es verschiedene Gründe, solche Sachen passieren auch bei großen Studio-Produktionen. Allerdings gibt es solche Projekte wie Nydenion auch nicht oft. Entweder ist ein Film eine Independent-Produktion oder ein Fan-Film. Nydenion liegt irgendwo dazwischen.

Nydenion: blue screen (Bild: Nydenion / Magna Mana FX)So ein Film ist schon ein ziemliches Mammutprojekt. Wenn man ohne Plan an so etwas heran geht, wird man früher oder später vermutlich scheitern. Wichtig ist, dass die Crew immer spürt, dass sich etwas bewegt. Man muss bereit sein, an gemeinsamen Zielen und Visionen zu arbeiten, ganz gleich wie verrückt es möglicherweise klingt.

Was bringt Deine persönliche Zukunft?

Ich arbeite mit einem Kollegen an einem Treatment im Bereich Sci-Fi, wir werden zu gegebener Zeit mehr dazu sagen.

Wir haben Nydenion gemacht, um zu zeigen, dass es möglich ist, einen Science-Fiction-Film in Deutschland zu machen. Nicht mehr und nicht weniger. Ich denke, das haben wir geschafft – mit geringstem Budget. Es freut uns, dass wir mit Nydenion sowohl in Europa als auch international auf Resonanz getroffen sind. Ich hoffe, dass wir ein kleines Beispiel dafür geben konnten, was im Bereich Genrefilm möglich ist. Es wäre schön, wenn dies den Weg für andere Produktionen ebnet.

Danke für das Gespräch.

Infos und Trailer gibts im Review zu Nydenion – Krieg der Kolonien. Die Website nydenion.info informiert über den Film und hat unter anderem eine Galerie und Wallpaper. Auf YouTube gibt einen offiziellen Nydenion-Channel mit vielen Clips zu Hintergrundinformationen, Making-of und so weiter – lohnt sich! Bei Amazon und anderen gibts DVD und Blu-ray, auch in Verleihvideotheken ist der Streifen zu haben.