Schlagwort: Science Fiction in Deutschland

Im Interview: Horus W. Odenthal

Am 1. Mai 2013 erscheint unter dem Titel „Hyperdrive: Mantikor erhebt sich” Horus W. Odenthals Mischung aus Space Opera, Abenteuerroman und Polit-Thriller erstmals komplett in einem E-Book. (Zusammenfassung hier.)

deutsche-science-fiction.de: Worum geht‘s überhaupt?

Horus W. Odenthal

‘Diese ganzen Tolkien-Epigonen, die nur alte Rezepte wiedergekäut haben …’

Horus W. Odenthal: „Hyperdrive“ erzählt von Schicksalen, die sich im Angesicht eines bevorstehenden Krieges miteinander verknüpfen. Es geht also in erster Linie um Menschen, die Technik steht nicht im Vordergrund; sie umgibt die Protagonisten so selbstverständlich wie uns auch in unserer gegenwärtigen Welt.

Du hast ja auch viel Fantasy gemacht. Fühlst Du Dich eher der SF oder der Fantasy nah?

Angefangen habe ich als SF-Leser. Erst später habe ich die Fantasy entdeckt, auch bedingt durch das Angebot in Deutschland. Dann habe ich mich lange Zeit von der Fantasy verabschiedet, weil mich die Wiederholung des ewig Gleichen gelangweilt hat. Diese ganzen Tolkien-Epigonen, die nur alte Rezepte wiedergekäut haben, fand ich unendlich fade. Wenn ich irgendwo den Begriff „dunkler Herrscher“ oder „drei/fünf/neun Schwerter/Schatullen/Trading Cards müssen gefunden werden um ein uraltes Übel“ oder auch nur das Wort „Knabe“ in einem Klappentext las, hat mich das in die Flucht geschlagen.

Ich habe mich also über lange Zeit der SF näher gefühlt. Die Fantasy musste ich für mich erst wiederentdecken. Indem ich sie für mich neu definiert habe und meine eigenen Geschichten düsterer, realistischer, moralisch ambivalenter gestaltet. Dann habe ich später die neue Welle von Fantasy-Autoren entdeckt, die im Ausland schon parallel einen ähnlichen Weg einschlugen – Leute wie R. Scott Bakker, Joe Abercrombie, Richard Morgan, Glen Cook, George R.R. Martin – und habe mich dieser Bewegung sehr verbunden gefühlt.

Ninragon 1

‘Ninragon’ (Fantasy)

Und heute?

Mittlerweile schreibe ich Fantasy und SF so, dass es eigentlich keinen Unterschied mehr macht, bzw. dieser Unterschied in der Stimmung und der Terminologie liegt. Jemand hat das Ende meiner Ninragon-Trilogie, in der es zu magischen Schlachten und Reisen kommt, einmal als Cyber-Fantasy bezeichnet. Man kann es Magie nennen, man muss es aber nicht. Es kommen in Ninragon viele SF-Elemente vor, nur werden die nicht so benannt und erklärt. Man kann es Kampfroboter oder Cyborg nennen. Oder man kann dazu Homunkulus oder Ankchoraik sagen und es durch eine magisch-geistige Weltsicht erklären. Das gleiche gilt für Bewusstseinsdownloads oder Klontechniken. Genauso existiert in meinen SF-Geschichten das sogenannte Übernatürliche. Die Fähigkeiten der Nirloten, der Hyperdrive-Piloten in „Hyperdrive“ haben schon etwas Magisches. Ich mag mittlerweile beide Genres gleich gern. Beide haben ihre Vorzüge. Die Unterschiede verwischen sich für mich immer mehr.

William Voltz: Quarantäne (heyne 1973)

Begeisterte Horus: William Voltz’ ‘Quarantäne’ (Heyne 1973)

Welche Science-Fiction würdest Du Deinen Töchtern schmackhaft machen?

Meinen Zwillingstöchtern werde ich zu gegebener Zeit „Quarantäne“ von William Voltz in die Finger drücken. Das war auch eines der ersten Bücher, nach den üblichen Verdächtigen unter den Jugendbüchern wie „Raumschiff Monitor“ oder „Mark Brandis“, die mich für Science Fiction begeistert haben. Aber sie sind auch jetzt schon mit 4 1/2 große Darth-Vader-Fans, singen sein Thema und lachen sich scheckig, wenn ich mit asthmatischer Stimme röchle: „Zoe/Grace ich bin dein Papa!“

Schreibt man mit zwei Töchtern mehr oder weniger als vorher?

Anders! Anders! Aber das ändert sich auch, je älter sie werden. In den ersten Jahren, vor dem Kindergarten, habe ich quasi ein Sabbatical genommen. Weil die Zeit nie mehr zurückkommt und die Erlebnisse so schön und wertvoll sind. Und ich ohnehin nichts gescheites hätte schreiben können. Darum hat der Ninragon so lange gedauert. Aber die Mädchen geben mir auch viel Kraft. Und erden mich. Und lenken mich immer wieder zu den Dingen, die wirklich wichtig sind. Vessels of soul, vessels of love, vessels of spirit, that’s what we are. „All you need is love.“ John Lennon.

Hyperdrive

‘Hyperdrive’ als E-Book-Serie

„Hyperdrive“ erschien ja zuerst als E-Book-Serie. Wie sind Deine Erfahrungen damit?

Das Serien-Format ist generell sehr interessant. Ich finde es spannend, das über das E-Book der klassische Fortsetzungsroman á la Dickens und Dumas seine Renaissance erlebt. „Hyperdrive“ wird wahrscheinlich nicht mein letzter Versuch mit diesem Format sein. In meinem Hinterkopf spukt derzeit die Idee einer Serie im Ninragon-Universum herum. Arbeitstitel ist „Die Rauhe Schar“. Ich freue mich darauf, diese Geschichte zu verwirklichen.

Horus W. Odenthal

‘Ich finde es spannend, das über das E-Book der klassische Fortsetzungsroman seine Renaissance erlebt.’

Woran arbeitest Du gerade?

Wenn ich nach einer aufregenden Phase des Weichenstellers für meine Zukunft wieder zum Schreiben komme arbeite ich an einem Roman mit dem Titel „Homunkulus“. Er spielt einige Jahre nach dem Ende von „Ninragon“ und beantwortet einige der offenen Fragen, was, über die Geschichte Aurics des Schwarzen hinaus, das Schicksal dieser Welt betrifft. Es ist ein Hybrid aus Fantasy und Hard-Boiled-Cop-Story. Mit der Erstfassung bin ich inzwischen so zur Hälfte durch.

Machst Du Deine Cover selbst? (…fragte er blöd den Grafiker…)

Nein.

Huch! Wie kommts?

Da wäre ich außerhalb meines Teiches. Ich bin Zeichner, kein Maler. Und fotorealistische Sachen, wie ich sie auf dem Cover haben wollte, sind erst recht nicht mein Ding. Aber ich habe die Layout-Entwürfe gemacht und die Motive ausgesucht. Martin Schlierkamp hat für mich das Logo entworfen, hat die Ursprungsbilder durch Himmel und Hölle gejagt, hat sie so mit Texturen versehen und bearbeitet bis die kleinen Wunder herauskamen, die jetzt die Cover zieren. Und er hat das End-Layout gemacht.

Ich bin zwar Zeichner und Grafiker – und gelegentlich auch Perfektionist und Kontrolle-Freak – aber ich kann auch ganz gut Aufgaben abgeben, wenn ich denke, dass andere das besser können oder es besser für meine Gesamt-Produktivität, den Arbeitsprozess und das endgültige Produkt ist.

Hyperdrive: Mantikor erhebt sich

Hyperdrive komplett: ‘Mantikor erhebt sich’

Zurück zum aktuellen Werk: Wie viele Buchseiten hätte „Hyperdrive: Mantikor erhebt sich“ wohl ungefähr? Und was wird das finale E-Book kosten?

Mein Seitenzähler zeigt mir 560 Normseiten an. Das E-Book wird 4,99 € kosten. Der Roman ist gegenüber der Serial-Fassung überarbeitet, das heißt er hat seine ursprüngliche Kapitelstruktur, nicht mehr die Episodenstruktur.

Du hast Extras angedeutet…

Als Zusatzmaterial gibt es eine Karte des Planere Baijaku, den Anhang „Die Geschichte der Panhumanas“, die den geschichtlichen Hintergrund des Erzähluniversums vermittelt, einen Glossar und eine Covergalerie aller Episoden-Cover.

Worauf hättest Du schreiberisch mal so richtig Bock?

Auf genau das, was ich gerade mache! Und all das, was noch in der Pipeline hängt. Macht euch auf etwas gefasst! „Sphärenbrand“ – Hier kommt Banepunk!

Horus, wir danken für das Gespräch!

Leseproben:

Infos im Web:

 

Verweis: SF im Haus der Geschichte

Andreas Eschbach hat auf SF-Fan.de einen sehr schönen Artikel zur Ausstellung “Science Fiction in Deutschland” im Haus der Geschichte der BRD in Bonn verfasst. Hier loslesen.