Michael K. Iwoleit

Beiträge des Autors

Eine Saison der Kurzatmigen – Anmerkungen zur deutschen SF-Story-Szene 2016

Es gibt wohl kaum ein populäres Genre, in dem Anthologien eine so gewichtige Rolle gespielt haben wie in der Science Fiction. Ohne die unüberschaubare Anzahl von Original- und Reprint-Anthologien, Anthologiereihen wie Orbit, New Dimensions oder New Writings in Science Fiction und den vielen, teils parallel editierten Year’s-Best-Auswahlbän­den wäre das SF-Story-Schaffen in seiner Vielfalt kaum denkbar. Der Durchbruch der Anthologien zu einem Leit­medium der Science Fiction lässt sich sogar an einem kon­kreten Datum festmachen: 1946 erschien Adventures in Time and Space, herausgegeben von Raymond J. Healy und J. Fran­cis McComas, ein von berühmten Namen und vielgepriesenen Stories nur so strotzendes Kompendium der Golden-Age-SF und sicher eines der einflussreichsten SF-Bücher über­haupt. Seitdem haben umtriebige Antho­logisten unter immer neuen Aspekten Stories zusammengetra­gen oder Autoren mit zahllosen Themenvorgaben zu Antholo­gieprojekten versam­melt. Diese Tradition spielt auch in der deutschen Science Fiction bis heute eine maßgebliche Rolle. In einer Szene, die durch ihre geringe Reichweite und ihren Mangel an starken Autoren gehandicapt ist – nicht gerade gute Vo­raussetzungen für eine befriedigende Auswahltätigkeit – stellen sich Anthologisten dennoch immer wieder der He­rausforderung, lesenswerte Storysamm­lungen zusammenzu­stellen. Bei der Betrachtung der mehr bis weniger gelun­genen Anthologien, die 2016 erschienen sind und einen wesentlichen Teil der Lektüre für den vorliegen­den Artikel ausgemacht haben, tritt dabei einiges Sympto­matisches in der deutschen SF zutage. Weiterlesen