Der EDFC: Interview mit R. Gustav Gaisbauer

Gustav Gaisbauer ist Gründungsmitglied des EDFC und seitdem auch Vorstandsvorsitzender. dsf hat ihm einige Fragen zur Vergangenheit und zur Zukunft des Vereins gestellt, in dem sich derzeit 200 Mitglieder für die deutschsprachige Phantastik einsetzen.

Was hat dich 1978 dazu bewogen, bei der Gründung des EDFC als Vorsitzender zu fungieren?

 Wegen meiner kaufmännischen Ausbildung hielt man mich für am geeignetsten, die Geschäfte zu führen. Die Aufgabe des Ersten Vorsitzenden besteht nämlich hauptsächlich in der Geschäftsführung. Die Geschäfte führte ich ja schon seit einigen Jahren.

R. Gustav Gaisbauer, Vorstandsvorsitzender des EDFC

Welchen Einfluss hat der EDFC im Laufe der Jahre an der Entwicklung deutschsprachiger Phantastik und der Talentförderung gehabt?

 Aus den EDFC-Mitgliedern und ‑Mitarbeitern sind eine Reihe von namhaften Autoren hervorgegangen. Aber die Hauptaufgabe des Vereins haben wir eigentlich immer darin gesehen, einerseits Hobbyautoren ein Forum zu bieten und andererseits aus der Fülle phantastischer Literatur die empfehlenswerteste herauszusuchen.

Wo siehst du heute noch Verbesserungsmöglichkeiten, Chancen für die Zukunft?

Inzwischen haben wir alle schon das Rentenalter erreicht, so dass wir froh sind, wenn es unsere Gesundheit erlaubt, so weiter zu machen wie bisher.

Wie groß ist der SF-Anteil im EDFC? Eigentlich heißt es ja “Erster Deutscher Fantasy Club” .

Als der EDFC gegründet wurde, war die Fantasy – oder Sword & Sorcery, wie sie damals auch genannt wurde – eine neue Strömung, die viel Begeisterung hervorgerufen hat. Diese hat bei uns inzwischen, bedingt durch eine Flut von Tolkien-Imitationen und Endlos-Serien, nachgelassen, und wir haben uns auf die breitere Phantastik, Sciencefiction mit eingeschlossen, verlegt. Daneben widmen wir uns natürlich weiter der Fantasy. Hier gibt es allerdings keinen „großen Plan“, sondern die einzelnen Mitarbeiter pflegen eben ihre Vorlieben, die sich im Lauf der Jahrzehnte auch verändert haben. Schließlich ist der EDFC nicht Mittel zu irgendeiner Pflichterfüllung, sondern wir machen die Vereinsarbeit aus Freude und mit dem auch nach Jahrzehnten immer noch vorhandenen Enthusiasmus.

Ist mit Michael Haitel nun jemand im Boot, der dem Club auf Dauer neue Impulse geben könnte? Oder meinst du, er könnte zu sehr in Richtung SF tendieren?

Der EDFC hat ja schon sehr früh seine einseitige Festlegung auf Fantasyliteratur aufgegeben. Insofern sehe ich da keinerlei Gefahr. Leider tanzt Michael auf sehr vielen Hochzeiten und kann sich im EDFC deshalb nicht so einbringen, wie wir es uns wünschen.

Sind Kooperationen mit anderen Literaturvereinen geplant (wie z. B. dem SFCD)?

Das haben wir bereits mehrfach gemacht. Auch in den Achtziger- und Neunzigerjahren. Aktuell waren es z. B. die Bücher über Clark Darlton. Sie erschienen in höherer Auflage, weil der SFCD uns jeweils um die 400 Stück abnahm.

Ich hatte nie Probleme auf andere Vereine zuzugehen bzw. wenn diese auf uns zugingen, darauf einzugehen. Momentan ist nichts geplant, aber da wir nur mehr eBooks herausgeben, besteht wohl auch kein Grund für irgendwelche Kooperationen. Auch jetzt bringen wir gelegentlich noch richtige Bücher heraus, verlegen diese aber nicht mehr selber, sondern über die Firma Complettdruck in Passau.

Ich selbst war ja total stolz, als ich Ende der Neunzigerjahre erstmals meine Artikel und Storys in der Fantasia veröffentlichen konnte. Glaubst du, dass der literarische Nachwuchs auch in Zukunft den EDFC als Karrieresprungbrett nutzt?

Vielleicht nicht mehr so sehr wie früher. Da haben ja sehr viele Autoren ihre Karriere beim EDFC e.V. begonnen. Heutzutage gibt es ja ungleich mehr Möglichkeiten für die erste Chance. Man kann ja auch mittels eigener Homepage auf sich aufmerksam machen. Ich hoffe aber, dass niemand einem Druckkostenzuschussverlag in die Hände fällt.

Welchen Stellenwert haben die “Kongresse der Phantasie”? Sind sie eher wissenschaftlich angehaucht oder kommen dort auch die ganz normalen Fans auf ihre Kosten?

Die Kongresse sind ja Geschichte. 2008 war der 7. und letzte Kongress. Das war von Anfang an so konzipiert. Drei bis vier sollten es auf alle Fälle werden, aber nicht mehr als sieben. Über 160 Referenten haben die phantastische Literatur von wirklich allen Seiten beleuchtet. Das war ein toller wissenschaftlicher Aspekt. Die Kongresse hatten bei der Stadt ebenfalls ein hohes Ansehen. Ich wurde dafür 2008 mit der silbernen Ehrennadel der Stadt Passau ausgezeichnet. Das ist etwas, auf das ich sehr stolz bin. Und von Anfang an war vorgesehen, dass hier die Fans einerseits auf Ihresgleichen, andererseits auf Autoren und Verlagsmenschen treffen. Fans und Profis haben das sehr genossen.

Ganz wichtig ist natürlich auch der “Deutsche Fantasy Preis”, wobei mit Herbert W. Franke 2008 ja ein reiner SF-Autor ausgezeichnet wurde … Ist der Preis eine Konkurrenz für den DSFP / KLP oder ist er außer derselben zu sehen, weil er ja alle Bereiche der Phantastik inkludiert?

Als „Konkurrenz“ würde ich einen anderen Preis sowieso nicht sehen. Und ja, der EDFC hat sich der Phantastik in allen Spielarten verschrieben. Nicht zuletzt sind wir seit den Sechzigerjahren große Fans von Herbert W. Franke – da lag die Preisverleihung einfach nahe.

Zum Schluss noch ein paar Standardfragen …

Deine Lieblings-SF-Bücher/-Autoren?

Katherine Kurz, Clark Darlton, Herbert W. Franke, Iny Lorentz, Hugh Walker und zahllose andere.

Warum ist/war Star Wars so erfolgreich?

Weil George Lucas den ganzen Fundus klassischer Space Opera geplündert und mit Charme und kindlicher Begeisterung in Szene gesetzt hat.

Das wichtigste Argument, warum Fantasy derzeit viel erfolgreicher ist als SF?

Wenn Du mit Fantasy Bücher über Hobbits, Elfen und Barbaren meinst, dann habe ich keine Erklärung dafür. Wenn Du dagegen Literatur in der Art von „Die unendliche Geschichte“, „Harry Potter“ oder „Twilight“ ansprichst, so finde ich, dass diese eher unter die allgemeine Phantastik fällt. Und sie ist deshalb so erfolgreich, weil sie keine so engen Genregrenzen wie die Science Fiction oder Sword & Sorcery besitzt, weil der Phantasie der Autoren hier keine Grenzen gesetzt sind.

Danke für deine Zeit!

 

Hier geht’s zu einem Interview mit eFantasia Storyredakteur Michael Haitel …