Der EDFC: Interview mit Michael Haitel

Michael Haitel ist sehr aktiv in der deutschen SF-Szene. U. a. macht er für den SFCD die Andromeda Nachrichten, hat einen eigenen Verlag (p.machinery) und ist im redaktionellen Team verschiedener SF-Zeitschriften, seit kurzem auch Storyredakteur bei der eFantasia. dsf wollte von ihm wissen, welche Motivationen und Ziele jemand hat, der quasi täglich im Einsatz für die deutschsprachige SF ist. Es ist bereits das zweite Interview, das wir mit ihm führen (hier das erste).

 

 
 

Michael Haitel

 

Seit einiger Zeit bist du Herausgeber der „Fantasia“. Was hat dich davon überzeugt, diese Tätigkeit zu übernehmen (außer Weizenbier mit den Verantwortlichen zu trinken)?

Da sind erstmal zwei Richtigstellungen nötig. Zum einen bin ich nicht der Herausgeber von »Fantasia«, sondern der Storyredakteur der »eFantasia«-Ausgaben mit fantastischen Erzählungen; Herausgeber bin ich natürlich dann, wenn ich selbst eine Ausgabe zusammenstelle, aber auch Alisha Bionda liefert z. B. Anthologien für »eFantasia« ab. Zum anderen trinke ich aus gesundheitlichen Gründen nur noch alkoholfreies Weißbier. (Und ich denke, Franz Schröpf und Gustav Gaisbauer gehen da kondom ‹g›.)

Ansonsten war der Grund ganz einfach. Franz Schröpf hat mich gefragt, ich hatte Lust – wenn auch wie immer viel zu wenig Zeit –, und so habe ich es übernommen.

Wo nimmst du eigentlich die ganzen Storys und Beiträge her? Du sagst ja selbst, dass die eFantasia demnächst zweiwöchentlich erscheinen soll (s. u.). Kannst du zaubern?

Franz hatte mir eine „Erstausrüstung“ mitgeliefert, das sind Materialien für leicht 20-25 Ausgaben. Und sporadisch kommt neues Material herein.

Wie groß, denkst du, ist der Beitrag, den die Fantasia und der EDFC zur Talentförderung von Autoren und Künstlern im deutschsprachigen Raum leistet?

Ich fürchte ehrlich gesagt, der Beitrag ist eher gering. Die Abonnentenzahlen des EDFC dürften so zwischen 200 und 300 liegen, genau weiß ich es nicht (und es juckt mich auch nicht), und darüber hinaus wird »eFantasia« meines Wissens praktisch nicht vermarktet. Die sehr layoutintensive Produktion als PDF-Magazin schränkt mitunter auch die Verwendung auf eBook-Readern. Es gibt natürlich welche, die PDF ordentlich anzeigen, es gibt Konvertierungsmöglichkeiten, aber das sind alles theoretische Hemmschwellen, die einer weitergehenden Verbreitung der »eFantasia«s im Wege stehen.

Ansonsten ist »eFantasia« ein guter Ort zur Veröffentlichung. Es gibt ein Korrektorat, ein wenigstens kleines Lektorat – das, was ich halt üblicherweise mache, bevor ich eine Story in ein Layout verbringe – und meist auch einen grundsätzlichen Kommentar, eine Art Fazit. Das ist immerhin mehr, als man bei manch anderen verlegerisch aktiven Institutionen, Vereinen oder Verlagen bekommt.

Was motiviert dich, weiterzumachen, auch wenn die Mitgliederzahlen sinken? Und wie, meinst du, könnte man das ändern?

Wie sich die Mitgliederzahlen im EDFC tatsächlich entwickeln, bekomme ich gar nicht mit; das interessiert mich eigentlich auch nicht. Der Grund, die eFantasia-Storysammlungen zu machen, ist einfach der, dass sie existieren, dass Material vorhanden ist und dass es immer noch einige Leute gibt, die sie haben möchten und vermutlich auch lesen. Vielleicht auch nicht – aber das weiß man bei verkauften Büchern auf Papier auch nicht (es gibt genug Sammler, die ein gekauftes Buch erstmal einfach nur ins Regal stellen und vielleicht nie lesen).

Ich denke, die Storysammlungen in eFantasia sind grundsätzlich wichtig. Für die Autoren, für den Verein, für Franz und Gustav, auch für mich. Sollte sich eines Tages zeigen, dass auch diese Variante von den EDFC-Mitgliedern nicht mehr erwünscht wäre – erkennbar daran, dass letztlich außer Franz und Gustav niemand mehr übrig ist -, kann man immer noch eine neue Entscheidung treffen. Zum Beispiel die, eFantasia nicht mehr per Email an Abonnenten zu verschicken, sondern frei zum Download anzubieten.

Wie auch immer, die politischen Entscheidungen liegen bei Franz und Gustav; ich bin nur der Handwerker, der Hausmeister – jedenfalls in Sachen Storysammlungen.

Im Moment erscheint die Fantasia in elektronischer Form. Glaubst du, das ist die Zukunft?

Für »Fantasia« ja. Der EDFC hat die Prints ja aufgegeben, weil sie sich nicht mehr rechneten. Da finde ich es besser, »Fantasia« erscheint als »eFantasia« als gar nicht mehr. Wenn man noch zusätzliche Schritte unternähme, »eFantasia« bekannt zu machen, zu vermarkten, dann ist das auf jeden Fall die Zukunft für das Magazin.

Wenn du mit der Frage darauf anspielst, ob elektronische Publikationen das gedruckte Buch ersetzen werden, sage ich klipp und klar: nein.

Was hast du noch vor mit dem EDFC? Werden wir gar einen neuen Michael Ende feiern können, der von der Fantasia groß gemacht wird?

Zunächst möchte ich für die Storynummern des »eFantasia« eine terminliche Regelmäßigkeit finden, die derzeit nicht gegeben ist. Das habe ich mir für’s erste Quartal 2012 vorgenommen; Ziel ist es, dass ich alle zwei Wochen eine Nummer fertigstelle (wann Franz und Gustav sie verschicken, das ist eine andere Frage, die mich aber nicht kümmern muss).

Und wenn das so weit ist, werde ich mir sicherlich – gemeinsam mit Franz, denke ich – Gedanken darüber machen, was man mit »eFantasia« noch so anstellen kann; siehe oben.

Einen zweiten Michael Ende – oder auch jeden anderen Nachfolger erfolgreicher Autoren – werde ich gerne groß machen. Wenn sich einer meldet …

Wo siehst du die Schnittstellen zwischen Fantasy und SF? Es gibt ja genug Crossover-Literatur, die erfolgreich ist …

Ich denke, die Schnittstelle ist der Leser. Ich selbst weiß, dass Labels nötig sind, weil die ganze Welt nur mit Labels zu funktionieren scheint. Aber wenn ich ein Buch lese, das mir gefällt, ist es mir egal, ob es SF, Fantasy, Mainstream oder sonst was ist. Und wenn es mir nicht gefällt, dann ist es von alledem eh nichts, sondern nur Mist. Und das gilt im Grunde für alle Arten von Literatur, von Prosa angefangen bis hin zur Sekundärliteratur, zu Fach- und Sachbüchern usw. usf.

Die Schnittstelle ist der Leser. Ich bin sicher.

Danke für das Interview!

 

Hier geht’s zu einem Interview mit EDFC-Vorstandsvorsitzendem R. Gustav Gaisbauer …