Lady’s Night am Nabel der deutschen SF-Welt

Kein Zweifel: Der Nabel der deutschen SF-Welt ist Wuppertal. Wir wollen nicht spekulieren, ob das an der Schwebebahn liegt, am Wicküler Pilsener oder an der Tatsache, dass die Nordstadt schwer an die Anfangsszene aus “Dark City” erinnert. Aber wo sich Iwoleit, Pukallus, Hahn, Moreau, Kemmler, Klöpping, die Klinke in die Hand geben (und zuprosten), kann kein Zweifel bestehen. Am 6. Oktober hatte Wuppertal etwas ganz Außergewöhnliches zu bieten: Eine SF-Lesung, ausschließlich besetzt mit AutorINNEN, in persona Nadine Boos, Gabriele Behrend und Gloria Manderfeld. Ort der Handlung: Ein Antiquariat in der schon erwähnten Nordstadt, Größe eines Schuhkartons, aber urgemütlich, quellen die Wandregale doch über mit Büchern von Adams, Dick, Gibson und so weiter.


Souverän organisiert von SF-Faktotum Michael K. Iwoleit nahm die Veranstaltung vor vollem Haus ihren Lauf. Gloria Manderfeld, ansonsten eher im Fantasy-Umfeld unterwegs, berichtete über einen interstellaren Krieg, bei dem nicht alles ist, wie es scheint. Moralische Entscheidungen spielten eine große Rolle. Gabriele Behrends vielleicht für einen Vortrag allzu umfangreiche Geschichte über “Lichtgestalten”, inspiriert durch den Song “Wow” von Kate Bush, erzählt von Aufstieg und Fall eines talentfreien Pop-Sternchens – angesichts des Alters von Kate Bushs Titel offensichtlich ein zeitloses Thema. Nadine Boos las zwei Geschichten und präsentierte zum Abschluss ein wahres Schlachtfest, in dem es um Zombies und Bänker ging, mehr sei nicht verraten.

Während der Veranstaltung machte Uwe Posts kleine Tochter ein paar Mal mit aller Macht auf sich aufmerksam – will sie etwa einmal in Zukunft den Thron der weiblichen deutschen SF erklimmen? Es bleibt abzuwarten.
In den Pausen gab es genug Gelegenheit, auf dem Gehsteig der “Dark City” ergebnisoffen darüber zu spekulieren, ob es so etwas wie eine “weibliche SF” überhaupt gibt (auch wir enthalten uns eines Urteils), und wie sie zu charakterisieren wäre. Einig waren sich die meisten Zuhörer am Ende aber, dass sie angesichts der zumeist anspruchsvollen Erzählungen jetzt dringend ein Bier brauchten. Aber das gilt bekanntlich auch für männliche und gemischte Lesungen.
Für das kommende Jahr sind weitere Veranstaltungen am gleichen Ort geplant. dsf wird die Termine bekanntgeben und darüber berichten.