Dr. Sven Edmund Reiter ist der Autor von “Traumzeitmonde” und wurde dafür bereits für den Deutschen Science Fiction Preis nominiert. Wir stellten ihm ein paar Fragen zu Walen, Monden und Sciencefiction:
Stellen Sie sich doch kurz einmal als Autor vor. Was haben Sie bislang geschrieben, wo haben Sie veröffentlicht?
Meine schriftstellerischen Wurzeln gehen bis in die gymnasiale Oberstufe zurück, wo ich als musisches Fach „Literatur“ belegte und den Scheffelpreis erhielt. Im Studium musste ich mich zwischen Germanistik und der biologischen Fachrichtung entscheiden, wobei ich Letzteres weiterverfolgte und den Beruf des Umweltplaners ergriff. Daher konzentrierte ich mich beim Publizieren zunächst auf mein Studienfachgebiet. Ich habe bisher zahlreiche Fachveröffentlichungen zu Ökologiethermen verfasst, darunter mehrere Bücher über Umweltverträglichkeitsprüfungen, Ökokonto und Bewertung und Planung mit Laufkäfern. Beiträge von mir sind unter anderem im Erich Schmidt-Verlag im Rohn-Verlag und im Springer Science Verlag erschienen. Mit belletristischen Werken habe ich in der Güstrower Schreibwerkstatt in Form von Lyrik und Kurzprosa begonnen.
Soweit ich herausfinden konnte ist “Traumzeitmonde” Ihr erster Roman. Was hat Sie dazu inspiriert ihn zu schreiben?
Als Mitglied und Komponist der Alternativ-Rockband Nitebrain träume ich davon, ein Konzeptalbum einzuspielen, nach den Vorbildern der großen Progressive-Rockbands wie Pink Floyd, YES oder GENESIS. Ich suchte nach einer Story für ein solches Album. Als ich dann in mehreren Wissenschaftsmagazinen von den faszinierenden Welten der über 200 Monde unseres Sonnensystems las, hatte ich das Leitthema gefunden. Monde mit doppelt so viel flüssigem Wasser oder 30-fach stärkerem Vulkanismus als auf der Erde existieren kosmisch gesehen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft und ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass einige von ihnen Lebensformen beherbergen. Den Roman gibt es mittlerweile. Was uns noch fehlt ist ein Produzent oder eine Plattenfirma für die Albumproduktion.
Was ist ein Traumzeitmond?
Traumzeitmond ist eine Wortschöpfung, die für die Verbindung der ältesten indigenen Kulturen der Welt mit dem modernen Raumfahrtzeitalter steht. Das Kunst-Wort umfasst sowohl das kulturelle Erbe und die uralten Mythen der Aborigines als auch die schon beschriebenen Monde unseres Sonnensystems.
Spielten bei der Auswahl der Handlungsorte auch persönliche Erfahrungen eine Rolle (wie etwa Reisen, Dokumentationssendungen etc.)?
Das trifft zu. Die Handlung spielt an verschiedenen Orten in Norddeutschland oder Nordeuropa, wo ich selbst eine Zeitlang wohnte (Flensburg) oder die ich im Rahmen von Kurztrips besuchte (Münster, Kopenhagen sowie die Ostseeinseln Mön und Vilm). Durch eine meiner Mittelmeerreisen habe ich die im Roman vorkommenden türkischen Orte Izmir und Marmaris kennengelernt. Wichtige Teile des Romans sind in Kalifornien angesiedelt (San Francisco, Pasadena, Redwood-Nationalpark), die ich während eines West-Coast-Trips besuchte. Ein authentisches Highlight stellt die Szene am Monolake dar. Ein Foto dieses absolut magischen Ortes bildet auch das Banner meiner Website „Traumzeitmonde.de“. (Anm. d. Red.: “Monolake” könnte man ja auch wundervoll als “Moonlake” titulieren …)
Hat vielleicht auch die Arbeit als Umweltmanager die Arbeit am Buch beeinflusst (etwa bei der Walszene)?
Ökologiethemen spielen eine zentrale Rolle im Buch. Eines der wichtigsten Anliegen ist, für die Vielfalt und Schönheit unseres Heimatplaneten zu begeistern, aber auch ein Gefühl für dessen Verletzlichkeit zu vermitteln. Meine jahrelange Erfahrung in der Umweltplanung und Umweltbildung helfen dabei, Anekdoten über die Fangtechniken von Ameisenlöwen, die Gefährlichkeit von Feuerameisen, den Orientierungssinn von Meeresschildkröten oder eben auch die Gründe für die weltweit auftretenden Walstrandungen möglichst interessant aber auch wissenschaftlich korrekt zu erzählen.
Worum geht es denn nun genau in “Traumzeitmonde”? Auf der Website sind ja nur Andeutungen zu lesen …
Ich gebe Ihnen einen kurzen Einblick in die Handlung, ohne zu viel zu verraten:
Brigitte Langendorf (48), ungebundene, freiberufliche Geisteswissenschaftlerin sucht Djalu Djungary, einen der letzten Überlebenden eines Aboriginestammes (Noogoyarrah), um die Sprache vor dem Aussterben zu retten. Ihre Recherchen führen sie rund um die Welt.
Der Harvardabsolvent Dr. Steven Winstone (34) steigt als neuer Mitarbeiter in das Moon-Journey-Projekt, eine Raumsondenmission des JPL zu den Monden der Planeten Jupiter und Neptun, ein. Die Mission entdeckt einen bisher unbekannten Himmelskörper im Sonnensystem (Zentaur). Steven wird aus dem Projekt abgezogen, als er unerwünschte Nachforschungen anstellt, entdeckt jedoch im Rahmen seiner neuen Tätigkeit bei einer Reise zur „cosmic station“ auf dem Berg Aragats in Armenien eine ungewöhnliche Zunahme interstellarer Strahlung im Sonnensystem. Die Professoren Vössler (72, Geographie) und Zabel (54, Tierökologie) stellen weltweit seltsame Verhaltensweisen von Tieren fest. Zabel entwickelt daraus auf Helgoland eine beängstigende wissenschaftliche Theorie.
Die Wissenschaftler verfolgen zunächst unabhängig voneinander ihre Fährten bis schließlich alle Fäden zusammenlaufen, während sich zeitgleich eine unglaubliche Bedrohung und eine scheinbar aussichtslose Situation anbahnt.
Das Schicksal der gesamten Menschheit liegt schließlich in ihren Händen.
Da es sich ja um eine Space Opera handelt: Wird es eine Fortsetzung geben?
Obwohl das Buch „Traumzeitmonde“ eine in sich geschlossene Story bildet, stellt es den ersten Band einer geplanten Trilogie dar. Zurzeit schreibe ich am zweiten Band, von dem bereits ein umfangreiches, etwa zwei Drittel des Plots umfassendes Manuskript vorliegt. Ich hoffe auf die Fortsetzung in absehbarer Zeit.
Wie schwierig ist es eigentlich, ein Erstlingswerk zu promoten? Müssen Sie da als Autor selbst Hand anlegen oder übernimmt das alles der Verlag für Sie?
Die Promotion des Romans stellt in der Tat keine einfache Aufgabe dar. Obwohl mittlerweile zahlreiche positive Rezensionen vorliegen, hat das Buch noch einen vergleichsweise geringen Bekanntheitsgrad. Daher auch an dieser Stelle mein Dank an die Redaktion der DEUTSCHEN SCIENCE FICTION-Redaktion, diese Plattform für das Buch zur Verfügung zu stellen. Die Öffentlichkeitsarbeit teile ich mir mit dem Verlag. Ich arbeite hier eng mit meinem Verleger Stephan Bliemel vom ADEBOR-Verlag zusammen. Dieser hat insbesondere in punkto Präsenz bei Internetbuchhandlungen sehr gute Arbeit geleistet.
Was wünschen Sie sich für die deutschsprachige Sciencefiction?
Unmengen an Lesern, Geld in Hülle und Fülle für die Verlage und die Autoren sowie überschwängliches Lob von den Literaturkritikern …
Aber im Ernst: Es gibt deutschsprachige Verlage, welche die Annahme der Science Fiction-Romane von Newcomer-Autoren kategorisch ausschließen. Dort bestehen offensichtlich große Ressentiments gegen das Genre. Es wäre wünschenswert, die SF-Literatur erführe mehr öffentliche Aufmerksamkeit. Ich wünsche der deutschen SF die Anerkennung als durchaus ernstzunehmende Literatur. Unabhängig von den diversen Spielarten des Genres sind meiner Ansicht fundiert recherchierte, logisch aufgebaute Plots hierfür eine wichtige Voraussetzung. Am reizvollsten sehe ich als Romanautor die Synthese erstaunlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse mit Science Fiction- Elementen. Davon sollte es mehr geben.
Zum Schluss noch die Frage, ob auch Sie glauben, dass die Wissenschaft die Sciencefiction überholt (hat) …
Das ist differenziert zu sehen. Manchmal wird Science Fiction durch die rasante wissenschaftliche Entwicklung überholt. So stellte Stanislaw Lem fest, dass die Wissenschaft in der Miniaturisierung der Computertechnik und der Nanotechnologie in Bereiche vorstieß, die er selbst kaum für möglich gehalten hatte und die weit über seine frühen SF-Romane hinausgingen. Was Datenspionage und Datenscreening anbetrifft, erleben wir gerade Zustände, die George Orwells „1984“ als antiquiert erscheinen lassen. Andererseits bietet Science Fiction immer noch einen so unglaublichen Raum für Gedankenspiele und Fantasien, dass sie der Wissenschaft um Längen voraus ist beziehungsweise von dieser nicht erreicht werden wird. Das fängt schon bei interstellaren bemannten Raumreisen an, die essenzieller Stoff zahlreicher SF-Storys wie Star Trek oder Perry Rhodan sind. Ich fürchte die Wissenschaft wird uns diesen Weg nie eröffnen können. Schon die in kosmischem Maßstab lächerlich winzige Reise zum nächstgelegenen Fixstern Proxima Centauri wird der Menschheit nicht gelingen.
Sehe ich die Aussichten zu pessimistisch? Ich ließe mich gerne noch zu Lebezeiten positiv überraschen.
Danke für das Gespräch!
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