Rezension: “Der Zef´ihl, der vom Himmel fiel” von Dieter Bohn

Adrian Deneersen, einem Datendieb, gelingt es mithilfe einer List, sich seinem Prozess und dem sicheren Todesurteil durch Flucht zu entziehen. Er landet mit einer Rettungskapsel auf einer fremden, mittelalterlichen Welt, wo ihn der Herrscher des Landes Kofane zwingt, für ihn zu arbeiten. Er wird zum “Zef´ihl” ernannt, eine Mischung aus Magier und königlicher Berater, der sein überlegenes Wissen dazu einsetzen soll, Kofane vor der Eroberung und Zerstörung durch das Reitervolk der Masuti zu retten. Adrian fügt sich, nicht zuletzt weil er beginnt, sich unter den menschenähnlichen Einheimischen zu Haus zu fühlen. Er versucht alles, mit den verfügbaren Arbeitskräften und Ressourcen Waffen herzustellen, mit denen die zahlenmäßig weit überlegenen Invasoren aufgehalten werden können. Doch das ist gar nicht so einfach, weil seine Kenntnisse auf Schulwissen beschränkt sind und er sich an vieles nur vage erinnert. Und selbst wenn er erfolgreich sein sollte, hat er immer noch das Problem, dass die Mächtigen, die ihn nach wie vor verfolgen, nicht ruhen werden, solange er lebt.

Die kurze Inhaltsangabe macht deutlich, dass “Der Zef´ihl, der vom Himmel fiel” viele gängige SF-Motive aufgreift und variiert. Am meisten erinnert Dieter Bohns Buch an Arkadi und Boris Strugatzkis Roman “Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein” aus dem Jahr 1964, der 1971 erstmals auf Deutsch erschien. Beide spielen auf einem Planeten mit menschenähnlichen Bewohnern, in einer feudalen Gesellschaft, deren Entwicklung dem Mittelalter der Erde ähnelt. Wie Anton im russischen Roman darf Adriaan eigentlich nur beobachten und sich auf keinen Fall einmischen. Beide leben unerkannt unter Fremden – und beide höchst privilegiert –, bis es zu einer Krise kommt, die sie Partei ergreifen und in Aktion treten lässt.

Hier ist es mit den Parallelen auch schon vorbei. Denn anders als bei den Strugatzkis ist sich in Bohns Roman zumindest der Herrscher bewusst, welches Potenzial sein “Gast” ihm bietet. Er ist vom ersten Kapitel an Herr der Lage und zieht von der Androhung roher Gewalt bis zu subtiler Verführung alle Register, um Adriaan zur Kooperation und zum Eingreifen zu bewegen. Während Anton die fortschrittlichste Technik zur Verfügung steht, hat Adriaan nur das Wenige zur Hand, an das er sich erinnern kann und das die Handwerker der Stadt mit ihren begrenzten Mitteln herzustellen vermögen – manchmal mehr schlecht als recht.

Bohn schildert den Prozess der Produktion von Schutzkleidung, Waffen und Sprengstoff sehr anschaulich und detailliert, die Erfolge ebenso wie die Rückschläge, ohne dass dabei jemals Langeweile aufkommt. Das liegt vor allem an den vielen interessanten Figuren, mit denen es Adriaan in der Hauptstadt Kofanes zu tun bekommt. Wie auch der Protagonist selbst sind diese Männer und Frauen mit all ihren Stärken und Schwächen gezeichnet, sei es ihre Gewitzt- oder Beschränktheit, Hingabe oder Sturheit, Aufopferungsbereitschaft oder auch Brutalität. Dabei entsteht nie der Eindruck, der Erzähler würde auf die “Primitiven” herabblicken. Im Gegenteil: Immer wieder ist es Adriaan, der sich dazu gezwungen sieht, sich lächerlich zu machen, zum Beispiel bei seinen öffentlichen Auftritten als Zauberer, um die Masuti einzuschüchtern.

So ist es Dieter Bohn gelungen, altbekannte Motive auf eine ganz eigenständige, dabei schöne und überaus unterhaltsame Art und Weise zu variieren. Zu den inhaltlichen Stärken dieses Buchs kommt das große Vermögen des Autors, wirklich spannend zu erzählen – und das in einer Sprache und einem Stil, die das Lesen zu einem echten Vergnügen machen.

Unterhaltung:
Anspruch:
Originalität: