Die nötige Inspiration, die richtigen Ideen für eine SF-Story (oder einen Roman) zu finden, ist wohl die Crux bei jedem Versuch, etwas Ansprechendes zu schreiben, das auch veröffentlicht wird. Hier einige Tipps, wie euch das am besten gelingt:
Besiegt den Schweinehund!
Oft steht einer guten Idee allein die eigene Faulheit im Wege. Diese manifestiert sich z. B. beim Gedanken an den Kühlschrank („Schönes, kühles Bier!“), beim Blick auf die Uhr („Oh, es ist schon wieder Zeit für meine Lieblingssendung!“) oder beim Anruf eines guten Freundes („Ja klar komme ich zur Party!“). Bevor jetzt aber böse Mails zurückkommen mit dem Tenor „Der Klöpping will uns doch bloß am Leben hindern!!!“: Ganz im Gegenteil. Ich will euch nicht den Spaß vermiesen – ein erfülltes Leben ist nämlich die Grundlage für jede gute Inspiration. Aber wenn ihr SF verfassen wollt, müsst ihr auch ein wenig Disziplin mitbringen. Da heißt es dann: Computer an!, obwohl man vielleicht schon mitten im Freibad planschen könnte. Falls ihr zu der Sorte Mensch gehört, die für alles und jedes eine Extraeinladung benötigt: stellt euch den Wecker oder vermerkt in eurem Terminplan genau die Zeiten, zu denen ihr euch mit dem Schreiben beschäftigen wollt, aber …
Haltet die Augen offen!
Was nämlich nicht planbar ist: euer Genius. Dieser malträtiert euch mit schlechten Einfällen en masse, bevor er irgendwann ganz unscheinbar und nebenbei eine geniale Idee produziert, die ihr nur einfangen müsst, bevor sie euch wieder enteilt. Denn mit einem Gedankenblitz ist es wie mit einer schönen Frau / einem ebensolchen Mann: Ihr müsst sie/ihn ohne Umstände zu eurem Vorteil gebrauchen, sprich: sofort alles aufschreiben, auch wenn es auf den ersten Blick noch keine sinnvolle Handlung ergibt. Allein die Idee zählt. Welche Storyline ihr da hinterher draus macht bleibt ganz euch überlassen. Beispiel: Ihr seht im Tiefkühlregal fangfrisches Seelachsfilet. Die Idee: Was wäre, wenn es irgendwo im Universum fangfrisches, gefrorenes Menschenfleisch zu erwerben gäbe? Wichtig ist dass ihr diese Idee jetzt sofort ausbaut. Fragen kommen auf, die beantwortet werden wollen. Zum Beispiel, wie die Menschen gefangen werden, wo sie leben, welche Körperteile am delikatesten schmecken oder wer überhaupt so brutal sein kann und Menschen verspeist – das alles könnt ihr dann in die Handlung einbauen. Denkt euch das Ganze einfach als Szene oder Kapitel eines Romans und die entsprechenden Zutaten kommen wie von selbst, ist es nicht so? Also in etwa: Ein fünfarmiges, glupschäugiges Alien greift in die Tiefkühlbox und nimmt sich ein schönes Stück Menschenhüftfleisch heraus, das in den Wäldern auf Protalla 5 per Lassotechnik (also ohne Blutverlust) eingefangen wurde. Mmmh … lecker!
Aber die Augen offen zu halten bedeutet auch, bewusst durchs Leben zu gehen. Haltet Ausschau nach Ungewöhnlichem, Neuem! Hinter jeder Ecke könnte sich eine gute Idee für eure Story verstecken. Ungewöhnliche Momente solltet ihr auch sofort aufschreiben – wer weiß was sich daraus einmal machen lässt!
Mir persönlich geht es so, dass mir ganz spontan und scheinbar zusammenhanglos etwas einfällt, das man literarisch verarbeiten könnte (aber auch durch intensives Gedankenjogging). Bei meinen MegaFusion-Geschichten war es z. B. so, dass ich mich von der Atmosphäre dreier Großstädte, in denen ich damals nacheinander gelebt hatte, habe inspirieren lassen (Dortmund, Koblenz, Frankfurt): am beeindruckendsten natürlich Frankfurt mit seinen Wolkenkratzern! Aber auch hier habe ich mit kurzen Storys zunächst nur eine Welt skizziert, umrissen – die detaillierte Ausarbeitung des MegaFusion-Konzeptes kam erst zehn Jahre später, 2010. Da habe ich mir dann wirklich ernsthaft überlegt, wie sich diese ganze Welt wohl entwickelt haben könnte.
Für die Ausarbeitung einer einzelnen Geschichte oder auch eines Romans muss die Idee natürlich nicht zehn Jahre lang „reifen“ – aber es ist sinnvoll, wenn man genau weiß, dass man genau diese Idee verwenden und ausbauen möchte, und dass sich notfalls jede andere gute Idee hinten anstellen muss. Ich habe z. B. eine Liste mit Ideen, die ich mal für Storys oder Bücher verwenden könnte. Da habe ich bislang erst circa ein Zehntel verarbeitet. Also gibt‘s bezüglich neuer Inspiration keine Probleme. Wer Probleme damit hat, kann sich aber auch an eine der vielen Internetplattformen wenden, die angehenden Autoren viel Möglichkeiten bieten, sich weiterzuentwickeln. Beispiele: http://www.kurzgeschichten.de/, http://www.autorenforum.de, http://www.scifinet.org.
Inspiriert?
Wenn ihr jetzt noch nicht inspiriert seid, mag das vielleicht auch daran liegen, dass es verschiedene Arten der Inspiration gibt, zum Beispiel die objekt-/themenbezogene und die unerklärliche. Bei der ersten gibt es ganz klare Anhaltspunkte („Anker“) woher eure Idee kommt. Im obigen Beispiel wäre das unser tiefgefrorenes Seelachsfilet. Ein anderes Fallbeispiel: Man redet mit Freunden über dies und jenes („Small Talk“) und kommt ganz von selbst auf die Idee, wie es wohl aussähe, wenn diese „Small Talks“ in einer Gesellschaft tatsächlich zeitlich begrenzt wären: also es gibt ein Zeitlimit für jeden, der spricht, wie bei einer Schachpartie. Dann gibt es noch die unerklärliche Inspiration, die scheinbar aus dem Nichts in euren Kopf springt: diese ist seltener und man kann sich nachher oft nicht erklären, warum man jetzt eigentlich genau diese Idee umgesetzt hat. Oft kommt sie auch direkt beim Schreiben, fließt quasi vom Gehirn direkt in eure Finger. Ich hatte das oft, als ich meine ersten SF-Storys geschrieben habe. Da hat man ein vages Bild einer fremden Welt im Kopf und der Rest kommt wie von selbst. Weil es sich um eine „unerklärliche“ Inspiration handelt, kann ich euch hier auch nicht sagen, wie sie zustande kommt: sie ist einfach da wenn ihr sie braucht.
Realismus!!!
Eine gute Idee sollte mitten aus dem Leben kommen. Wenn eure Leser erst umständlich um zehn Ecken denken müssen bevor sie kapieren, was ihr eigentlich meint, habt ihr schon verloren. Am wichtigsten ist eure Lebenserfahrung: ein Autor, der nicht gelebt hat, schreibt nur tote Zeilen (gut, ne?). Ich habe bis dato versucht, immer die maximalen Erfahrungen zu sammeln – durch intensives Leben. Von High-Society-Parties bis zum einsamen Abkotzen im Stadtpark war wohl so ziemlich alles dabei, was man erleben kann. Ist nicht jedem zu empfehlen, aber mir persönlich hat es geholfen. Die Leute, die ich dabei kennen gelernt habe, lassen sich locker in Romane und Geschichten einbauen: Figuren, die man nicht vergisst! Natürlich könnt ihr auch vom Fernseher viel lernen. Aber das echte Leben toppt diese Eindrücke bei weitem, glaubt mir! Insgesamt solltet ihr euch auch eine gute Allgemeinbildung zulegen, das heißt: Wissen über Musik, Kunst, Literatur und Film sammeln. Und zwar nach Plan, nicht einfach so zufällig. Ihr werdet feststellen, dass so Erlebtes sich viel besser einprägt. Und dann noch ein letzter Tipp in punkto Realismus: Wenn ihr eure persönlichen Erfahrungen aus Hobby und Beruf in eure Texte einfließen lasst, darf es nicht zu aufdringlich passieren. Sie sollten geschickt in die Handlung eingewebt werden, so dass der Leser nicht unbedingt erkennt, dass ihr aus eigener Erfahrung schreibt – denn diese ist oft so subjektiv, dass sie an Glaubwürdigkeit verliert.
Hmmm … und jetzt?
Macht euch bloß keinen Stress! Eine gute Idee ist wie ein guter Fick: sie kommt unerwartet, aber wenn, dann richtig! Ihr könnt nicht erwarten, dass ihr jeden Tag eine klasse Idee habt – vielmehr dauert es oft Wochen, bis euch etwas „zugeflogen“ kommt. Aber wenn es geschieht, werdet ihr es schon merken. Es ist also sinnvoll, Wissenschaftsmagazine zu lesen, wenn ihr SF schreiben wollt, aber krampfhaft darauf zu warten und zu hoffen, dass euch etwas einfällt, während ihr diese Magazine lest, macht wenig Sinn. Wartet ab, lasst die neuen Eindrücke erst mal sacken – irgendwann ergibt sich in Kombination mit der Wirklichkeit eine echt gute Story.
Glaubt mir!
(Mehr Infos zu dem Wüstling der diesen Artikel verfasst hat: www.svenklöpping.de)