Das war mein BuCon

oder: Als Wolfgang Jeschkes Zeitmaschine klemmte

Aus dem Blickwinkel von Uwe Post

Vorweg: Bilder zum angucken gibt’s hier nicht. Geht zu Facebook. Ich mag ja besonders dieses und dieses Foto. Letzteres zeigt, dass Wolfgang Jeschkes Zeitmaschine nur ein klein wenig dejustiert war – nach etwa 20 Minuten tauchte er dann doch zu unserer gemeinsamen Lesung auf. Das Exemplar von “Das Cusanus-Spiel”, aus dem er dann las, holte er sich schnell aus dem Jahr 2006, in dem er damit den DSFP gewann.

Leute, kritisiert mir nicht die kaum fernsehreife Inszenierung der DSFP-Verleihung! Sie inspirierte erst das Team von jenem anderen Preis (DPP), Slapstick-Einlagen einzubauen, um sich vom DSFP abzuheben. Nein, im Ernst: Ja, man hätte eingangs die Komiteemitglieder auf der Bühne namentlich vorstellen können. Ja, man hätte die Nominierten (soweit anwesend) auf die Bühne bitten können, um ihnen die versprochene Schokolade zu überreichen und mit verdientem Applaus zu beglücken. Ja, man hätte das Tischchen an den vorderen Rand der Bühne stellen können, um nicht dem Publikum den Rücken zuwenden zu müssen, wenn man daran herumwerkelt. Ja, man hätte vorher absprechen können, wer wann was tut (z.B. auf die Bühne gehen), aber wo wäre da der Charme geblieben? Im hoffnungslos überfüllten Holodeck konstatierte Wolfgang Jeschke anschließend denn auch trocken, dass SF-Fans schon immer Probleme mit Organisatorischem gehabt hätten. Diese Szene ist allerdings nicht auf dem Video von der Preisverleihung zu sehen, das eine einsame, von Harald Giersche freundlicherweise an- und ausgeschaltete Kamera aufnahm. (Link folgt)

Die gemeinsame Lesung mit Wolfgang Jeschke ist wohl der bisherige Höhepunkt meiner Karriere als SF-Autor. Quasi als Hommage an das zentrale Thema des Lebenswerks meines älteren Kollegen zog ich meine Hälfte der Veranstaltung etwas anders auf als andere Lesungen: Ich ließ mich mit einer virtuellen Zeitmaschine durch die Epochen meiner Veröffentlichungen treiben, las einen Absatz aus der “Explosion einer Espressomaschine” (erschienen in einer c’t anno 1999), einen kurzen Ausschnitt aus meinem Fantasy-Roman “Zweiland” (2008), die Klokröten-Einkauf-Szene aus “Symbiose” (2009), die Stelle mit den vielen Fidel Castros aus dem preisgekrönten “Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes” (2010) und (aus der Zukunft, via Smartphone und eBook) aus dem Manuskript zu “Schrottt” (2012).

Kurz bevor das Publikum mangels Sauerstoff in Ekstase verfiel, nutzten Wolfgang Jeschke und ich die letzten Minuten, um auf Fragen aus dem Publikum einzugehen. Natürlich ging es dabei auch um die unendlich vielen Kurzgeschichten, die Jeschke in seiner aktiven Zeit bei Heyne herausbrachte. Er konstatierte, dass die Bedingungen für die Veröffentlichung von Kurzgeschichten natürlich nicht mehr so sind wie früher – aber dass bei allem lobenswerten Engagement der Kleinverlage um Anthologien und Storysammlungen die Autoren ruhig mehr Mut haben könnten. Da sprach mir der erfahrene Kollege aus dem Herzen. Nehmt das mit, liebe SF-Kurzgeschichten-Autoren: Mehr Mut zur ungewöhnlichen Idee! Und wenn ihr nicht wisst, was damit gemeint ist, führt euch eine der Anthologien aus den 80er oder 90er Jahren zu Gemüte.

So ein Urgestein wie Jeschke hat man nicht alle Tage vor der Nase sitzen, damit es Rede und Antwort steht. Es fiel auf, dass man die Veranstaltung mit den Preisträgern ohne weiteres hätte ausdehnen können, ohne dass den Zuhörern langweilig geworden wäre. Okay, sie wären erstickt in dem kleinen Raum, aber es hätte sich für alle sicher gelohnt.

Anschließend traf ich bei meinen Streifzügen und am Atlantis-Stand viele bekannte und unbekannte Bücher sowie Gesichter und vor allem solche, die ich zuvor nur von Profilfotos bei Facebook kannte. Bei meinem “Preisvorgänger” Karsten Kruschel landete ich dann in der Lesung und hörte Ausschnitte aus “Galdäa” (liegt hier auf dem Lesestapel) und der geplanten Fortsetzung zu “Vilm”. Irgendwann war da noch so eine andere Preisverleihung, bei der ich immer ein bisschen das Gefühl habe, die Kategorien sollten nicht “beste(r)…” heißen, sondern “beliebteste(r)…”, aber das ist bei einem Publikumspreis vielleicht evident. Auf jeden Fall wurde durch die wenig ernsthafte Inszenierung der Preisverleihung durch die Herren Ritter, Hillenbrand und Dr. Boom die Messlatte für flache Scherze deutlich gesenkt. Das ermöglichte erst den – Vorsicht, Flachwitz – Preisvergleich, den Markus Heitz (Gewinner des DPP in der Kategorie bester Roman, falls man das noch erwähnen muss) und ich spontan durchführten. Unser Resultat: Er hat den Längeren, aber bekanntlich kommt es auf den Durchmesser an, und da hat meine Medaille die Nase vorn. Ein Foto existiert von dieser historischen Aktion leider nicht. Selbst allgegenwärtige Fotografen wie der rührige Roger Murmann können nicht überall sein…

Einen Preisvergleich der anderen Art veranstaltet gerade der Fandom Observer, aber ihr müsst nicht teilnehmen, denn die Frage, welcher Preis der wichtigste sei, ist so sinnvoll wie die, welches Grün besser riecht.

Ich durfte auch wieder Bücher (und Postkarten!) signieren, was die mitgebrachten Glitterstifte hergaben. Angesichts der Tatsachen, dass a) eine Menge der Anwesenden meinen Roman schon längst haben, und b) dass vielen Fantasy-Fans SF am Elfenpopo vorbei geht, durfte ich mit dem Anteil der Besucher, die mir was abkauften, zufrieden sein (4,5%).

Eine besondere Freude nicht nur haptischer Art erlebte ich in dem Moment, als ich mein Belegexemplar von “space rocks” in die Hände nahm. Ein wirklich nobler Novellenband, dessen Aufmachung den vertretenen Autoren (Frank W. Haubold, Karla Schmidt, Nadine Boos, Armin Rößler…) zur Ehre gereicht! Ein mutiges Produkt eines Kleinverlages, das noch für Aufsehen sorgen wird.

Natürlich gibt es nicht nur positives zu berichten. So lichteten sich die Räume nach der DPP-Verleihung merklich; auch die meisten Verlage machten sich auf den Heimweg. Möglicherweise hing das mit dem (wie Oliver Naujoks mir mampfend verriet) mal wieder (mampf) unterirdischen (mampf) Catering zusammen, denn irgendwann muss auch der wohlgenährteste Fan mal was essen. Die entsprechende Infrastruktur in Sprendlingen befindet sich ein paar Straßen weiter, was eine Menge Zeit kostet, mindestens in der Größenordnung eines Slots. Das ist zum Nachteil der Vortragenden, die die Slots nach der DPP-Verleihung erwischt haben. Mindestens eine Veranstaltung fiel meines Wissens komplett aus – mangels Nachfrage. Vielleicht könnte man (bessere Ernährung vor Ort vorausgesetzt) den DPP eine Stunde später vergeben? Dann hätte man vier zusätzliche Slots mit mehr Publikum. Andererseits sind uninteressante Panels auch nicht ganz unwichtig: Wann sonst hätte man Zeit, mit den Leuten zu palavern? Selbst das kam irgendwie zu kurz. Wie immer. Aber es gibt ja ein nächstes Mal.

Mein Fazit ist dasselbe wie immer: Der BuCon ist der am besten besuchte, am besten organisierte, vielseitigste und damit wichtigste Con in Deutschland. Im Hinblick auf Besucherzahlen und Altersdurchschnitt können sich alle anderen eine Scheibe abschneiden. Auch wenn das zwangsläufig bedeutet, sich der Fantasy zu öffnen.

Und zum Schluss zeige ich euch doch noch ein Foto, damit ihr mal seht, wie die DSFP-Medaille aussieht:

Bis zum nächsten Jahr (13.10.2012)! Seid dabei, denn 2013 gibt’s uns ja nicht mehr (mehr zu diesem Thema später).

Uwe Post