Herr aller Daten?

10 Minuten in die Zukunft…?

Du schießt ein Foto mit dem Smartphone. Sekunden später ist es in der Cloud, damit du es später auf deinem Tablet oder PC betrachten kannst, ohne mit Kabel und Maus hantieren zu müssen. Ist das nicht wunderbar? Vor allem, wenn der Schnappschuss nackte Brüste enthält…Du selbst bist nicht der einzige, der sich gerne nackte Haut ansieht. Dein Cloud-Dienstleister steht dem in nichts nach, verfolgt allerdings andere Absichten. Er sperrt dir wegen Verstoßes gegen die AGB den Cloud-Space und bei der Gelegenheit auch den Email-Account, der zufällig beim gleichen Dienstleister liegt – Monopole sind ganz schön praktisch, oder? (Link zur wahren Geschichte)

Du bist nicht mehr Herr deiner Daten, wenn du sie um der Bequemlichkeit willen aus der Hand gibst. Du liest nicht die AGB, die ausgedruckt geeignet wären, ein ganzes Zimmer zu tapezieren, weil du deinem Gehirn nicht mehr als hundert Sätze Juristensprech zumuten kannst, ohne dass es dich nach der Wumme greifen lässt.

Dabei gibt es Cloud-Speicher, die Daten verschlüsselt speichern, aber nicht ganz so bequem und vor allem nicht kostenlos sind. Erlaubt sei außerdem der zugegebenermaßen rückwärtsgewandt erscheinende Verweis auf die durchaus noch vorhandene Möglichkeit, überhaupt keinen Cloud-Speicher für überall benötigte Daten zu verwenden, sondern etwa einen USB-Stick am Schüsselbund oder die SD-Karte im Handy. Größtmögliche Sicherheit bietet ohnehin nur eine Verschlüsselungssoftware wie Truecrypt – die ist Open Source und frei von Hintertüren. Und umständlich zu bedienen – jedenfalls im Vergleich zu einer Cloud-Software, die man überhaupt nicht bedienen muss, weil sie alles von alleine macht, selbst Dinge, von denen man vielleicht gar nichts weiß.

Noch nutzt längst nicht jeder die Cloud. Weitere Verbreitung von Smartphones wird die Rate automatisch erhöhen – angesichts der üblichen Lebensdauer von Handys in absehbarer Zeit. Welche Folgen wird das haben? Diese Frage zu beantworten, ist zweifellos eine interessante Herausforderung für SF-Autoren.

Es ist nicht verwunderlich, dass Menschen aufgrund von Bequemlichkeit ihre Privatsphäre aufgeben, das gab es schon vorher. So ist der Buchkauf im Laden anonym (sofern bar bezahlt), bei Amazon aber nicht. Dass Amazons Computer genau wissen, welche Bücher und Filme du zuletzt gekauft hast, ist offensichtlich, wenn du die Webseite aufsuchst. Stören tut es dich aber nicht, oder? Warum eigentlich nicht, hm? Weil sie diese Daten schon nicht missbrauchen werden? Blindes Vertrauen, Gedankenlosigkeit – mal im Ernst: kann das gut ausgehen?

Verwunderlich wenn nicht gar beängstigend finde ich, dass sogar Blogger und SF-Autoren, die in Texten ständig auf Missständen wie oben beschrieben herumreiten, keinen besonderen Wert auf Sicherheit ihrer Daten legen. Da wird fleißig via Facebook gechattet (unverschlüsselt – und bekanntermaßen liest FB mit) und Emails keinesfalls verschlüsselt. Verständlich: Weder werden die nötigen Krypto-Mechanismen bei typischer Email-Software mitgeliefert, noch ist die Technik besonders verständlich für normale Anwender. Ich habe letzte Woche mit einem befreundeten Autor die Probe aufs Exempel gemacht: Gechattet wird jetzt unbelauschbar über Pidgin mit OTR-Plugin und einem Jabber-Account beim Chaos Computer Club. Gemailt wird verschlüsselt mit PGP und dem Enigmail-Plugin für Thunderbird. Es hat uns Stunden gekostet, und das, obwohl ich selbst Kryptographie-Experte bin. Aber wir haben’s hingekriegt. Unsere Kommunikation liest keiner mehr mit. Deshalb dürfen wir in Zukunft besonders vergnügt über jene herziehen, die immer noch ihre Bequemlichkeit über die Kontrolle ihrer eigenen Daten stellen. Das war’s wert.

Übrigens: Wer mir eine verschlüsselte Email schicken möchte, findet meinen öffentlichen Schlüssel auf den in Enigmail vorkonfigurierten Schlüsselservern oder einfach hier. Wer verstehen möchte, wie das alles funktioniert, findet einen Artikel bei Wikipedia und eine Anleitung für die Einrichtung und Benutzung von Enigmail hier.