SF schreiben – aber wie? (1)

Ich mit einer schönen Dort.Con-Leine um den Hals ...

In loser Folge werden hier in Zukunft schreibkursähnliche Artikel für (angehende) SF-Autoren erscheinen, die sich damit beschäftigen, wie man (gute?) SF schreibt. Hierzu werde ich verschiedene Aspekte des Schreibens im Zusammenhang mit Sciencefiction beleuchten. Der erste Beitrag wurde schon im “Tempest”, dem Autorennewsletter des Autorenforums, veröffentlicht, war aber noch nie im Netz zu lesen. Hier ist er:

„Wie finde ich die 'Science' für eine Science-Fiction-Story –
und wie veröffentliche ich die Story?“
von Sven Klöpping

 

Wer Filme wie „Brazil“, „Inception“ oder „Blade Runner“ mag, hat sich vielleicht schon mal gefragt, wie das wäre – einmal eine SF-Story zu schreiben. Tipps zur „Science“-Seite einer solchen Story findet ihr hier.

          Die Technik macht den Unterschied!

Überlegt euch vorher ganz genau, welche neuartige Technologie ihr in eurer Story beschreiben (und in eurem Plot verankern) wollt, bevor ihr loslegt. Denn „Science Fiction“ bedeutet ja nichts anderes als „Wissenschaftsfiktion“, also Literatur, die wissenschaftliche Themen behandelt. Nichts enttäuscht den versierten Leser mehr als der hundertste Aufguss bereits abgehandelter Themen, und nichts führt euch weiter vom Ziel fort als eine gute Story, die aber auch in der Gegenwart hätte spielen können.

          Die Recherche

Ja toll, sagt ihr jetzt vielleicht, aber wie findet man in der „Science“ etwas Spannendes, das man auch gut als „Fiction“ umsetzen könnte? Nun, zum einen ist es generell sinnvoll, sich etwas näher mit Wissenschaften im Allgemeinen zu beschäftigen – vielleicht auch mit solchen, die nicht täglich in den Medien zu finden sind. Denn gerade hier schlummern oft unentdeckte Wissensperlen, die vielleicht genau in das Mosaik eures Plots hineinpassen.

Keine Angst, ihr müsst keine tausendseitigen Wälzer durchforsten, um am Ende dann doch nicht fündig zu werden. Eine gut organisierte Internetrecherche bringt häufig das gewünschte Ergebnis. Zum Beispiel gibt es für jede Wissenschaft mindestens ein entsprechendes (Online-)Magazin, das ihr entweder kostenlos herunterladen oder für ein geringes Entgelt bestellen könnt. Bei der Auswahl könnt ihr entweder auf gut Glück ein interessantes Wissensgebiet durchsuchen, im Idealfall kennt ihr aber schon das Fachgebiet, um das es in eurer Story geht.

          Ein Beispiel

Sagen wir einmal, ihr habt noch keinen Plot, doch die Biotechnologie hat es euch besonders angetan. Wie findet ihr nun einen passenden Hintergrund, einen Inhalt für eure Geschichte? Denkt euch hierfür am besten etwas möglichst Ungewöhnliches aus, spinnt ruhig mal ein bisschen herum!

Zum Beispiel: Eine fremde Spezies hat immensen Bedarf an Chlorophyll und schickt deshalb einerseits Kollaborateure zur Erde, welche die Abholzung des Regenwaldes verhindern sollen, andererseits Pflanzer, die mit neuartigen Technologien fremdartige Samen auf unseren Feldern und sogar zwischen den Ritzen unserer Bordsteine aussäen sollen, um zu testen, wie diese sich in unserer Atmosphäre entwickeln.

Welche (Bio-)Technologien sind hierfür Voraussetzung? Was müssen eure Protagonisten (wie etwa Geheimdienstchefs, betroffene Bauern, Journalisten etc.) unternehmen, um diese zu kontrollieren bzw. ihrer habhaft zu werden und ihre individuellen Ziele zu erreichen (z. B. Abwehr der Pflanzer, Beseitigung von Ernteschäden usw.)? Glaubt mir, es gibt immer ein noch unbehandeltes Thema, und wenn ihr eben unbedingt wieder mal etwas übers Beamen schreiben wollt, dann lasst euch wenigstens etwas Originelles einfallen (obwohl es beim Beamen zugegeben sehr schwierig ist) … 

Die obige Idee (Chlorophyll) habe ich mir übrigens innerhalb von wenigen Sekunden ausgedacht und niedergeschrieben – eigentlich also ganz simpel, oder? Ihr müsstet nur darauf achten, keine Plagiate schon dutzendfach gesehener und gelesener Standardthemen zu verfassen, dann seid ihr schon auf der richtigen Spur. Die Kenntnis von Klassikern der SF empfiehlt sich, ein kompendienfüllendes Detailwissen ist aber keine Voraussetzung.

          Weitere Recherche-Tipps

Ein weiterer guter Tipp, wie man an eine gute Idee gelangen kann: das DLR-Magazin. Ihr erhaltet es kostenlos auf http://www.dlr.de und erfahrt dort Interessantes über neue Erfindungen und allgemeine wissenschaftliche Themen. Auch hilfreich beim Finden eines geeigneten Themas kann „Terracom“ sein, ein kostenloses eFanzine, in dem regelmäßig Wissenschafts-News publiziert werden (http://www.terracom-online.net/).

Natürlich solltet ihr vorm Schreiben auch nicht ganz unerfahren in Sachen Sciencefiction sein, also schon den einen oder anderen Asimov oder Herbert (um nur zwei Beispiele zu nennen) gelesen haben und auch eventuell einige Autoren jüngeren Geburtsdatums.

          Und wer soll das alles lesen?

Zugegeben, in den Achtzigerjahren war es noch einfacher, Sciencefiction an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Mittlerweile existieren zwar durchaus einige hoffnungsvolle Projekte (erwähnt sei u. a. der Wurdack-Verlag, der schon seit einigen Jahren durch seine SF-Publikationen auf sich aufmerksam macht), aber der ganz große Boom liegt im Bereich der fantastischen Literatur momentan wohl (noch) eher auf Seiten der Fantasy als bei der SF.

Das sollte aber kein Grund sein, den Kopf in den Sand zu stecken. Wer mit SF-Storys das ganz große Geld verdienen will, ist in der deutschen SF-Szene fehl am Platze, aber wer kritische Leser haben möchte, die sich intensiv mit dem Geschriebenen auseinandersetzen und fachlich kompetentes Feedback geben, ist hier durchaus an der richtigen Adresse. Wenn ihr es einmal in eines der bekannteren deutschsprachigen SF-Magazine geschafft habt (als Beispiele seien hier „Nova“ und „Exodus“ genannt, es gibt natürlich noch viele weitere), werdet ihr schon feststellen, dass eure Geschichten in dem richtigen Umfeld veröffentlicht wurden. Feedback gibt es genug. Und seid nicht gefrustet, wenn eure erste veröffentlichte Geschichte nicht gleich alle zufrieden stellt – erstens ist das sowieso nicht möglich, zweitens schreibt ihr ja, um euch weiterzuentwickeln, und da bietet die SF-Szene auch ausreichend Gelegenheiten.

Wenn ihr schon erfahrene Schreiber und stilsicher seid, solltet ihr euch nicht davor scheuen, eure (erste?) SF-Story einem der größeren Magazine anzubieten (weitere Beispiele am Ende dieses Artikels). Wenn ihr eurer Sache aber noch nicht so ganz sicher seid, bieten verschiedene Internetforen und -seiten die Möglichkeit, eure Texte einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren, ohne dass ihr gleich in bekannte Fettnäpfchen tretet (beispielsweise http://www.kurzgeschichten.de).

Ich selbst habe Ende der Neunziger angefangen, bei „Solar-X“ zu veröffentlichen, einem SF-Fanzine, das es heute gar nicht mehr gibt. Immerhin hat es mich so weit gebracht, dass ich mittlerweile regelmäßig in deutschen SF-Magazinen publiziere und meine Übersetzungen auch schon in Übersee veröffentlichen konnte (z. B. in den USA). Ich kann jedem SF-Schreiber nur empfehlen, sich eine eigene Nische zu schaffen, etwas, wovon Leser begeistert sind und was man so noch nicht gelesen hat. Dann schafft ihr es garantiert!

          Wie war das jetzt?

1. Eine ungewöhnliche Technologie erfinden / verändern / adaptieren.

2. Diese möglichst intelligent in einen fesselnden Plot einbauen.

3. Eure ganz unverkennbare Duftmarke setzen (sei es nun durch Stil oder Themenwahl).

4. Hoffen, dass die Leute euch verstehen. 

 

Am Ende des Artikels standen noch einige Links zu Verlagen und Magazinen, aber da schaut ihr am besten auf unsere Linklisten hier bei deutsche-science-fiction.de, die sind vollständiger.