Rezension: “Die Welt mein Herz” (Theaterstück v. Mario Salazar)

<schnipp> … Die Welt mein Herz (nicht Paco Rabanne)! Was letzten Samstag noch so geschah:

Ein zwielichtiger Typ fragte das Baden-Badener Publikum nach Handys, vorzugsweise iPhones ab Version 5. Verzog sich dann wieder aus dem Theater. Sprang kurze Zeit später aber auf die Bühne und legte los … Womit? Nun, es ist schwer zu beschreiben. Szenen und Schauplätze wechseln scheinbar beliebig, die Akteure werden getrieben von einer universellen Kraft, werden durch stilisierte Wurmlöcher katapultiert in ein anderes Eck der Welt, manchmal fragt man sich, ob das Stück überhaupt auf diesem Planeten, in dieser Zeit spielt, oder ob die Wahl der Schauplätze nichts als eine Ausrede ist: eine Ausrede dafür, das Unfassbare nicht auch in unfassbare Weiten verlegen zu müssen. Aber so weit wollte Mario Salazar offenbar nicht gehen. Dennoch hat das Stück starke Bindung zur SF. So wird auch eine Zeitmaschine erwähnt, mit der man noch einmal alles ändern könnte. Ändern? Ja, denn nach und nach erschießen sich die Handelnden gegenseitig. Ständig ist von “erschießen” oder “wegbumsen” die Rede, es gibt scheinbar keine andere Lösung für die inneren und äußeren Konflikte dieses so fernen, so nahen Planeten. Menschlichkeit, Mutterliebe werden durch Unique Selling Propositions ersetzt, selbst Menschen werden zu Produkten einer Gesellschaft, die vor nichts mehr halt zu machen scheint. Kein Wunder also, dass nach einer Weile tatsächlich die ersten Protagonisten erschossen werden. Andere springen durch das bereits erwähnte Wurmloch, das fatalerweise in einem Kernreaktor endet. In den Pausen werden Strudel gezeigt, die Wasser und Eis einsaugen. Vielleicht steckt hier auch die Kernbotschaft drin? Am Ende werden wir alle von Schwarzen Löchern aufgesaugt, es bleibt nichts als Leere. Wozu dann überhaupt die Köpfe füllen wollen? Und womit? Ach, das ist doch unbedeutend. Hauptsache der Willi kann morgen seinen 112. Geburtstag feiern!

Wer Willi ist und warum seine Besitzerin eine Schneekugelphobie entwickelt hat, entdeckt ihr am besten selbst im Theater Baden-Baden. Die nächsten Vorstellungen: 21. 06. Gastspiel in Heidelberg, 23. – 25. 06. in Baden-Baden, immer 20 Uhr, 03. – 05. 07. in Baden-Baden.

Fotoquelle: schauspielkoeln.de